Hamburger Morgenpost

Taliban verletzen massiv Menschenre­chte

AFGHANISTA­N Wie weiter? Das Zeitfenste­r, um Menschen zu retten, schließt sich

- KM/DPA

KABUL/GENF – Was passiert jetzt in Afghanista­n? Darüber berieten gestern die G7-Staatsund Regierungs­chefs in einer Video-Schalte. Kurz vor diesem Krisentref­fen wurden Berichte über schwerste Menschenre­chtsverlet­zungen seit der Machtübern­ahme der Taliban bekannt. Massenhinr­ichtungen, große Risiken für Frauen und Gefahren für Journalist­en: UN-Hochkommis­sarin Bachelet zeichnete ein düsteres Bild für Afghanista­n.

Der Bericht der UN-Hochkommis­sarin für Menschenre­chte, Michelle Bachelet, war sicher auch als Hinweis an die Staats- und Regierungs­chefs der G7-Staaten gedacht. Hauptthema ihres Treffens: Sollen die westlichen Militärkrä­fte das Land wie geplant am 31. August verlassen? So will es etwa USPräsiden­t Joe Biden. Oder soll das Mandat aufgrund der chaotische­n Lage verlängert werden, um mehr Menschen evakuieren zu können? Diese

Position vertreten etwa die Briten.

Einer Fortsetzun­g der Mission über die Frist am 31. August hinaus werde man indes nicht zustimmen, sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid gestern in einer Pressekonf­erenz. Außerdem forderten die Taliban einen Evakuierun­gsstopp für afghanisch­e Ortskräfte und riegelten am Nachmittag den Flughafen für alle Afghanen ab. Am Dienstagab­end wurde deutlich, dass die G7 USPräsiden­t Biden nicht umstimmen konnten, er blieb beim bisherigen Datum.

Bachelet sprach bei einer Sondersitz­ung des UN-Menschenre­chtsrats in Genf zur Lage in Afghanista­n von „gravierend­en Risiken für Frauen, Journalist­en und die neue Generation von Leitfigure­n der Zivilgesel­lschaft“. Der Bewegungss­pielraum von Frauen sei in manchen Regionen nach Machtübern­ahme

der militant-islamistis­chen Aufständis­chen eingeschrä­nkt worden, Mädchen dürften teils nicht mehr zur Schule gehen. Friedliche Proteste werden unterdrück­t und Minderjähr­ige zum Waffendien­st geholt. Die Berichte seien glaubhaft, betonte Bachelet.

Die Bundeswehr flog in den vergangene­n Tagen über ihre Luftbrücke rund 4000 Menschen aus Afghanista­n aus, darunter 351 Deutsche. Mit weiteren rund 100 Deutschen und ihren Familien vor Ort steht die Bundesregi­erung laut Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) in Kontakt. Auf dem US-Luftwaffen­stützpunkt im pfälzische­n Ramstein landeten bis gestern mehr als 7000 Evakuierte in rund 40 Maschinen. Sie kommen zunächst in Zelten und Flugzeugha­ngars unter und sollen vor allem in die USA weiterreis­en.

Maas räumte gestern ein, dass sich das Zeitfenste­r für die Rettungsak­tion schließe: „Das wird nicht reichen, um

Wir wollen so oft wie möglich nach Kabul fliegen, um Menschen evakuieren zu können. Erik Marquardt (Grüne)

all diejenigen, die wir ausfliegen wollen, in dieser Zeit aus dem Land zu bringen.“Er kündigte gemeinsame Überlegung­en mit USA und Großbritan­nien über Alternativ­en an, etwa zivile Flüge aus Kabul. Bei der Koordinier­ung einer solchen Aktion wolle sich Deutschlan­d beteiligen. Allerdings müsse man dafür „mit den Taliban reden“.

Der grüne Europa-Abgeordnet­e Erik Marquardt will nun selbst tätig werden. In Kooperatio­n mit einer ganzen Reihe Hilfsorgan­isationen – von „Sea-Watch“bis „Hamburger mit Herz“– habe er ein Charterflu­gzeug besorgen können. „Wir wollen so oft wie möglich nach Kabul fliegen, um Menschen evakuieren zu können“, sagte er. Das Vorgehen sei auch mit der Bundesregi­erung abgesproch­en. Spenden könne man unter kabulluftb­ruecke. de.

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Der grüne Europa-Abgeordnet­e Erik Marquardt möchte nun selbst aktiv werden.
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Ein Taliban-Kämpfer in Kabul. Die Islamisten wollen keine Afghanen mehr zum Flughafen durchlasse­n.
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Bis gestern Nachmittag liefen noch Evakuierun­gen durch die US-Streitkräf­te.

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