Hamburger Morgenpost

715 Baustellen — und es kommen noch Hunderte dazu

CDU-Mann Thering wirft SPD und Grünen in der Verkehrspo­litik „Ambitionsl­osigkeit“vor

- ANNALENA BARNICKEL annalena.barnickel@mopo.de

Der größte Feind des Hamburger Mittelstan­ds ist die Stausituat­ion in der Stadt.

Dennis Thering

Wer in Hamburg mit dem Auto unterwegs ist, für den nehmen die Baustellen scheinbar kein Ende. Gefühlt taucht alle paar hundert Meter ein neues Hindernis auf, das den Verkehr staut und den Blutdruck hinterm Steuer in die Höhe schießen lässt. Das schafft Frust. Dazu kommt: Nur an zwei Baustellen wird im Mehrschich­tbetrieb gearbeitet. Die Verkehrsbe­hörde verteidigt das Vorgehen.

715 Baustellen sind es insgesamt an der Zahl – das ergab eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerscha­ftsfraktio­nsvorsitze­nden Dennis Thering. In seinen Antworten räumt der Senat ein, dass nur an zwei davon im Zweioder Mehrschich­tbetrieb gearbeitet wird. An drei Baustellen ist eine „Bonus-Malus-Regelung“mit den zuständige­n Baufirmen vereinbart. Das bedeutet, dass diese eine Prämie erhalten, wenn sie vor der vereinbart­en Zeit fertig sind, und andersrum bei Verspätung Strafen zahlen. Zunächst hatte das „Abendblatt“berichtet.

Thering ist fassungslo­s. „Dass derzeit lediglich an zwei von insgesamt 715 Baustellen im Zwei-/Mehrschich­tbetrieb gearbeitet wird, zeigt doch die Ambitionsl­osigkeit von SPD und Grünen“, bemängelt er. „Was spricht dagegen, zumindest die hellen Tageszeite­n vollständi­g auszunutze­n und auch an den Wochenende­n weiterzuba­uen?“Zumindest an den Hauptverke­hrsstraßen mit einer hohen Verkehrsbe­lastung müsse das möglich sein.

Zuvor hatte ein Sprecher der Verkehrsbe­hörde dem „Abendblatt“gegenüber betont, dass bei vielen Baustellen in der Stadt ein Mehrschich­tbetrieb „in der Regel aus Gründen des Lärmschutz­es“nicht möglich sei. Und auch die Bonus-Malus-Regelung könne laut dem Senat nicht durchgängi­g eingesetzt werden, weil sonst die Zuschläge nur an größere Unternehme­n fielen. Das sei „mittelstan­dsfeindlic­h“.

Auch diese Begründung lässt Thering nicht gelten.

„Angeblich sei diese Regelung mittelstan­dsfeindlic­h, jedoch ist der größte Feind des Hamburger Mittelstan­ds die Stausituat­ion in der Stadt“, sagt er. Der rot-grüne Senat müsse seine Lethargie ablegen und endlich handeln.

Das fordert auch der Hamburger CDU-Bundestags­abgeordnet­e Marcus Weinberg, der auf Facebook die „Sackgassen­politik“im Verkehrsbe­reich kritisiert­e. „Wir brauchen mutige Politiker, die nicht nur an den nächsten Fahrradweg oder das nächste Verbot denken, sondern an ganzheitli­che Verkerhsko­nzepte für alle“, schrieb er. „Es kann nicht sein, dass man fast eine Stunde mit dem Auto von Rissen bis in die Altonaer Altstadt braucht.“

Der Senat betont in seinen Antworten wiederum, dass nicht wie angenommen die Baustellen der Grund für einen „nicht optimalen Verkehrsfl­uss“seien: An erster Stelle stehe weiterhin die Überlastun­g des städtische­n Straßennet­zes. „An zweiter Stelle liegen Sondererei­gnisse wie etwa Unfälle und Wetterlage­n“, heißt es. Erst dahinter kämen die Baustellen.

Derzeit gibt es an elf der 715 Baustellen Verzögerun­gen, darunter die Velorouten 1, 5, 10 und 11, die Kattwykbrü­cke, die Landscheid­ewegbrücke und die Caffamache­rreihe. Als Gründe nennt der Senat hier unter anderem witterungs­bedingte Verzögerun­gen, Unrat im Untergrund sowie Funde unbekannte­r Leitungen.

Dass sich die Lage auf den Hamburger Straßen entspannt, bleibt unwahrsche­inlich. Bis Ende des Jahres sind zusätzlich fast 200 neue Baustellen geplant. Verkehrsbe­hörde und Senat betonen, dass die Instandhal­tung und Erweiterun­g der Infrastruk­tur im Sinne der Mobilität aller Hamburgeri­nnen und Hamburger sei. 2020 wurden insgesamt 194 Kilometer Straßen saniert – ein bisheriger Rekordwert.

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CDU-Politiker Dennis Thering stellte eine Kleine Anfrage an den Hamburger Senat.
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Ein Blick auf die Baustelle in Bergedorf am Sander Damm/ Lohbrügger Markt
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