Hamburger Morgenpost

Studie: Tödliche Überschwem­mungen werden wahrschein­licher

Forscher untersuche­n Zusammenha­ng mit Klimawande­l

- Von VIOLA DENGLER

Das Hochwasser an Ahr und Erft ist mit hoher Wahrschein­lichkeit auf den Klimawande­l zurückzufü­hren: Mit steigenden Temperatur­en werden solche Extremwett­er-Ereignisse häufiger, bestätigen jetzt Forscher in einer umfangreic­hen Analyse.

Bei den verheerend­en Fluten im Juli kamen fast 200 Menschen ums Leben, Tausende verloren ihre Existenz. In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz fielen durchschni­ttlich 93 Liter Regen pro Quadratmet­er und Tag. Zur Einordnung: Bereits ab 30 Litern gilt ein Regentag als Starkregen-Ereignis.

Nach Katastroph­en wie dieser stellt sich die Frage: Wie viel Klimawande­l steckt in solchen WetterErei­gnissen? Liegt es an der Lebensweis­e der Menschen, dass Felder verdorren, Flüsse über die Ufer treten und ganze Ortschafte­n vernichten? Die Fragen sind nicht leicht zu beantworte­n – schließlic­h gab es auch schon Extremwett­er, bevor der Mensch Kohle, Öl und Gas zu verbrennen begann.

Eine internatio­nale Gruppe von fast 40 Wissenscha­ftlern hat sich für die Forschungs­initiative „World Weather Attributio­n“in den vergangene­n Wochen mit diesen Fragen beschäftig­t. Am Dienstag veröffentl­ichten sie ihr Fazit: Die Wahrschein­lichkeit, dass es zu solch extremen Regenfälle­n kommt, ist durch den Klimawande­l drastisch gestiegen. Der „Spiegel“und der WDR hatten zuerst berichtet.

„In einer sich erwärmende­n Welt gibt es eine klare Tendenz zu stärkeren Niederschl­ägen“, erklärt Frank Kreienkamp, der für den Deutschen Wetterdien­st an der Studie mitwirkte, gegenüber dem „Spiegel“. Die Wahrschein­lichkeit einer solchen Flutkatast­rophe in den betroffene­n Regionen habe sich um das 1,2- bis 9-Fache erhöht. Ohne den menschenge­machten Klimawande­l fände ein solches Ereignis in Mitteleuro­pa nur rund alle 2000 Jahre statt, so Kreienkamp.

In der Studie wurden neben Westdeutsc­hland auch Frankreich, Teile von Belgien, der Niederland­e, Luxemburg und der Schweiz untersucht. Je weiter die Erwärmung voranschre­ite, desto kleiner werde der Abstand zwischen den Flutkatast­rophen, heißt es in der Studie, an der unter anderem Forscher der University of Oxford, der ETH Zürich, der Columbia University, dem Forschungs­zentrum Jülich und dem Deutschen Wetterdien­st beteiligt waren.

Doch nicht nur die Häufigkeit, auch die Intensität nimmt durch den Klimawande­l zu. Laut Berechnung­en der Forscher steigt sie auch in NRW zwischen drei und 19 Prozent. Heißt: Die extremen Niederschl­äge werden heftiger, es kommt mehr Regen runter.

Es gibt jedoch eine Zahlenband­breite bei Häufigkeit und Intensität – je nach Klimamodel­l. Daher können sich die Vorhersage­n unterschei­den. Eine exakte Aussage zur Wirkung des Klimawande­ls auf künftige Flutkatast­rophen ist nicht möglich. Doch: „Das Konkrete, was ich daran ablesen würde, ist, dass die Richtung eindeutig ist. Es ist überall ein Plus“, sagt Enno Nilson von der Bundesanst­alt für Gewässerku­nde in Bonn dem WDR.

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Die Wassermass­en sorgten besonders in Ahrweiler für extreme Zerstörung.

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