Hamburger Morgenpost

Emil Nolde: Hitler-Fan und Meistermal­er

KUNST Gleich zwei neue Ausstellun­gen widmen sic hd em kontrovers­en Künstler

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Seine Bilder werden von Millionen bewundert – doch wie umgehen mit dem Werk eines Malers, dessen antisemiti­sche Einstellun­g und glühende Begeisteru­ng für Hitler hinlänglic­h bekannt sind? Man muss sich mit dem Menschen und mit dem Künstler beschäftig­en. Im Fall Emil Nolde (18671956) soll das jetzt im Bucerius-Kunst-Forum (BKF) möglich sein.

Dort wird morgen „Nolde und der Norden“eröffnet – eine Ausstellun­g, die sich ganz auf das Frühwerk des Malers konzentrie­rt. Rund 80 größtentei­ls unerforsch­te Arbeiten sind zu sehen, die von 1900 bis 1902, Noldes Zeit in Kopenhagen und auf dem Land, entstanden sind. Dänische Künstlerin­nen und Künstler und die Sagenwelt des Nordens inspiriert­en den Maler. Er war fasziniert von Wikingern, Kriegern und Königen.

Ab den 30er Jahren griff Nolde diese Motive mit Bildern wie „Gaut der Rote“(1938) wieder auf. Im Katalog zur Ausstellun­g wird die Frage gestellt, ob er das machte, um sich der NSDAP gegenüber als „systemkonf­orm“darzustell­en. Denn Nolde, dessen expression­istische Kunst ab 1941 als „entartet“galt, war Mitglied der NSDAP – ein großer HitlerBewu­nderer und Verehrer des Nazi-Regimes.

Man wolle als Ausstellun­gshaus mit den Besucher:innen über Noldes Verhältnis zum Nationalso­zialismus diskutiere­n, so Kathrin Baumstark, Künstleris­che Leiterin des BKF. „Was macht es mit einem Betrachter, der von der Kunst berührt ist, der aber auch weiß, dass Nolde kein guter Mensch war, kein Mitläufer, sondern ein glühender HitlerVere­hrer?“, sagt sie in einem NDR-Interview. So wird unter anderem ein einstündig­er Film gezeigt, der sich mit Noldes politische­r Gesinnung auseinande­rsetzt.

Hier der Meisterkün­stler, dort der Mensch – dazwischen ein Spannungs

feld, dem man sich als Besucher:in aussetzen wollen muss. Auch in der Kunsthalle, die den Maler in den Mittelpunk­t stellt: „Meistens grundiere ich mit Kreide“heißt die Ausstellun­g, die ebenfalls morgen eröffnet wird und sich Noldes Technik widmet.

45 Gemälde werden gezeigt, elf von ihnen auch „seziert“: Mit einer App lassen sich nicht nur die fertigen Bilder, sondern mittels Röntgen- und Mikroskopa­ufnahmen auch die einzelnen Vorstufen betrachten. Ein fasziniere­nder Einblick in das Schaffen eines Mannes, der sich kunsthisto­risch offenbar leichter verstehen lässt als menschlich.

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 ?? ?? „Melkmädche­n I“aus dem Jahr 1903 ist jetzt im Bucerius-Kunst-Forum zu sehen.
„Melkmädche­n I“aus dem Jahr 1903 ist jetzt im Bucerius-Kunst-Forum zu sehen.
 ?? ?? „Herr und Dame (im roten Saal)“von 1911 – zu sehen in der Kunsthalle
„Herr und Dame (im roten Saal)“von 1911 – zu sehen in der Kunsthalle
 ?? ?? Rassist, Antisemit und NSDAP-Mitglied: der Künstler Emil Nolde (1867-1956)
Rassist, Antisemit und NSDAP-Mitglied: der Künstler Emil Nolde (1867-1956)

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