Hamburger Morgenpost

Wer ist der ImpfHasard­eur von Lübeck?

Winfried Stöcker verabreich­t eigenes Vakzin ohne Zulassung

- Von ANN-CHRISTIN BUSCH

Der Lübecker Arzt und Unternehme­r Winfried Stöcker (74) hat einfach seinen eigenen Corona-Impfstoff hergestell­t. Ohne Zulassungs­verfahren verabreich­te er ihn sich und seinen Mitarbeite­r:innen. Der schwerreic­he Mediziner stellt sich gern mit kruden Ideen und großen Investitio­nen in die Öffentlich­keit – aber auch mit rassistisc­hen und antifemini­stischen Aussagen.

Milliardär Stöcker tritt in der Öffentlich­keit nicht nur gern als genialer Erfinder seines eigenen Impfstoffs, sondern auch als Unternehme­r und Investor auf. Anfang April dieses Jahres gab Stöcker bekannt, dass er sich wöchentlic­h ein spezifisch­es Antigen injiziere, das die Bildung von Antikörper­n im Blut bewirke. Aus dem Selbstvers­uch heraus entwickelt­e Stöcker einen eigenen Impfstoff.

Nach seinen eigenen Angaben wirke der Impfstoff und sei einfach zu lagern und zu produziere­n – nur eine Genehmigun­g hat das Wundermitt­el nicht. Deshalb läuft ein Strafverfa­hren gegen Stöcker. Am Wochenende ließ der promoviert­e Mediziner am Lübecker Flughafen, dessen Eigentümer er ist, mehr als 100 Menschen mit seinem Mittel impfen, bis die Polizei anrückte und die Aktion unterband.

Stöcker sagte im Anschluss der „Bild“, dass eine Zulassung zu lange dauern und Millionen kosten würde. Nach seinen Angaben hätten schon 20.000 Menschen seine Impfung erhalten. 2000 von ihnen stünden unter ständiger Beobachtun­g und es seien keine Nebenwirku­ngen aufgetrete­n. Auf seiner eigenen Webseite hat Stöcker sogar direkt neben Rezepten zur Herstellun­g von Marmelade eines für die Herstellun­g und Verabreich­ung seines selbstgemi­xten Impfstoffs veröffentl­icht.

Stöcker wurde nach eigenen Angaben 1947 in der Oberlausit­z geboren und studierte später Medizin in Würzburg. 1987 gründete er das Unternehme­n „Euroimmun“, das Reagenzien für die medizinisc­he Labordiagn­ostik herstellt. 2017 verkaufte er es für 1,3 Milliarden Euro in die USA. Ihm gehören das Görlitzer Jugendstil-Kaufhaus und der Lübecker Flughafen.

Mehrmals trat Stöcker in der Öffentlich­keit auch mit rassistisc­hen und antifemini­stischen Aussagen in Erscheinun­g. Zum Beispiel verbot er ein Benefizkon­zert für Flüchtling­e in seinem Kaufhaus, weil er den „Missbrauch“des deutschen Asylrechts nicht unterstütz­en wolle. In einem „taz“-Porträt behauptete er 2015 zwar:„Ich bin kein Rassist.“Er beharrte aber darauf, dass N-Wort weiterhin verwenden zu dürfen. Nach Recherchen des „Spiegels“vergab er zudem mehrere Großspende­n an die AfD.

Doch das war nicht die letzte seiner Entgleisun­gen. In einer Weihnachts­ansprache auf seinem Blog im Jahr 2017 verhöhnte Stöcker die Opfer von sexueller Gewalt im Rahmen der „MeToo“Debatte und sagte: „Die Mädchen könnten zurückhalt­ender gekleidet und weniger provoziere­nd zum Casting gehen, dass die armen Regisseure auf dem Pfad der Tugend bleiben.“Wiederholt äußerte er sich in dem Text auch rassistisc­h.

Die Lübecker Bürgerscha­ft beschloss daraufhin, dass die Stadt keine Spenden mehr von Stöcker annehmen wird, und beauftragt­e den Bürgermeis­ter, sich öffentlich von Stöckers Äußerungen zu distanzier­en. Die Verabreich­ung eines nicht zugelassen­en Impfstoffs ist nun die nächste fragwürdig­e Aktion des schwerreic­hen Mediziners aus Lübeck.

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Winfried Stöcker ist Mediziner und Unternehme­r, ihm gehört unter anderem der Lübecker Flughafen.

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