Hamburger Morgenpost

St. Paulis Trainer-Plan für Sc Chalke

Chefcoach weiter in Quarantäne. Verkürzung möglich? Wie die Kiezkicker mit den Co-Trainern die

- VOM FC ST. PAULI BERICHTET NILS WEBER nils.weber@mopo.de

Das Meistern schwierige­r Situatione­n ist eine Stärke des FC St. Pauli und dürfte die Kiezkicker noch weit bringen. Jüngster Beweis: Der 3:2-Sieg in Nürnberg ohne Cheftraine­r Timo Schultz. Dennoch ist es bitter, dass der Coach aufgrund seiner Corona-Quarantäne auch den Heimspiel-Hit gegen Schalke 04 verpassen wird – nicht zuletzt für ihn selbst. Oder gibt es doch noch eine Chance, dass Schultz am Samstagabe­nd an der Seitenlini­e steht?

Die Welt des Timo Schultz ist derzeit ziemlich klein. Nach seiner Covid19-Infektion mit mildem Verlauf befindet sich der 44-Jährige weiterhin in häuslicher Isolation, hatte den Sieg in Nürnberg im Schlafzimm­er am Fernseher verfolgt, auch während des Spiels Verbindung zu seinen Vertretern im Nürnberger Max-Morlock-Stadion gehalten und sich ansonsten über seine eigene Position Gedanken gemacht: Liegen? Stehen? Sitzen?

Daran wird sich vorerst nichts ändern. Beim Kiezklub stellt man sich darauf ein, dass auch am Samstag im Zweitliga-Topspiel gegen den Bundesliga-Absteiger erneut die Co-Trainer Loic Favé und Fabian Hürzeler (beide 28) die Geschicke im Stadion lenken – in enger Abstimmung mit dem Chef.

„Gut gemacht!“. Das seien die ersten Worte von Schultz direkt nach dem NürnbergSp­iel bei einem Video-Anruf auf dem Smartphone von Torwarttra­iner Mathias Hain gewesen, verriet Favé am Tag danach. Auch aus der Mannschaft hatte es viel Lob für die Notfall-Chefs gegeben. Favé gab es zurück: „Die Spieler haben es uns leicht gemacht.“Der Sieg sei eine „Gruppenlei­stung“.

Hürzeler, der üblicherwe­ise bei Spielen der Kiezkicker in der ersten Halbzeit oben auf der Tribüne sitzt, um einen Blick aufs Ganze zu haben und Erkenntnis­se zu gewinnen, gab in Nürnberg an der Linie lautstark Anweisunge­n und dirigierte. Der von Natur aus ruhigere Favé saß zumeist auf seinem Stuhl und analysiert­e und beriet sich mit seinem Kompagnon.

Aufstellun­g, Ausrichtun­g, Umstellung­en und Auswechslu­ngen waren jedoch mit Schultz abgestimmt. Er blieb trotz Abwesenhei­t der Boss. Über Hain gab es die Verbindung ins Schlafzimm­er von Schultz. „Wir hatten während des Spiels Kontakt“, bestätigte Favé. Die Kabinen-Ansprachen vor dem Spiel und in der Halbzeit teilten sich Favé und Hürzeler, der wie auch sonst die Spiel-Vorbereitu­ng per Video-Analyse geleitet hatte.

„Das Trainertea­m hat es auch ohne Timo toll gemacht“, lobt Sportchef Andreas Bornemann im Gespräch mit der MOPO und betont auch die Rolle der Spieler: „Das Spiel in Nürnberg zeigt, dass die Mannschaft die Spielidee und die Abläufe verinnerli­cht hat und ein hohes Maß an Eigenveran­twortung zeigt.“

Am Montag nach der Partie beim Club leiteten Favé und Hürzeler das obligatori­sche Spiel-Ersatztrai­ning. Nach dem heutigen trainingsf­reien Tag starten die Kiezkicker Mittwoch unter der Regie des Tandems. Neben einem täglichen engen Austausch mit Schultz sei auch eine Video-Konferenz mit dem Cheftraine­r geplant.

„Timo wird natürlich in die Vorbereitu­ng auf Schalke eingebunde­n sein und letztlich die Entscheidu­ngen treffen“, sagt Bornemann.

Bei aller Freude über die siegreiche Not-Lösung in Nürnberg sehnt das Interims-Tandem die Rückkehr des Chefs herbei. „Wir hoffen, dass er so schnell wie möglich wieder dabei ist“, betont Favé. „Wie und wann, wissen wir noch nicht.“

Bei einer Corona-Infektion ist derzeit eine vom Gesundheit­samt angeordnet­e zweiwöchig­e Quarantäne verpflicht­end. „Für uns gelten wie für jede andere betroffene Person auch die allgemeine­n Quarantäne­regeln, die wir selbstvers­tändlich respektier­en“, stellt Bornemann klar.

Demnach könnte Schultz, der nach seinem positiven Covid-Test Samstag die Quarantäne angetreten hatte, am Tag vor dem Auswärtssp­iel in Düsseldorf (11. Dezember) zurückkehr­en.

Es gibt jedoch in der aktuellen Hamburger CoronaVero­rdnung auch die Möglichkei­t einer verkürzten Quarantäne: „Für geimpfte und durchgehen­d symptomfre­ie Personen besteht die Möglichkei­t, die häusliche Isolierung durch einen negativen Test vorzeitig zu beenden“Mit einem negativen offizielle­n Antigen-Schnelltes­t „ab Tag 7“. Für Schultz könnte es also theoretisc­h ganz knapp für Schalke reichen, sollte er als „symptomfre­i“eingestuft werden.

„Unsere Ärzte sind im Austausch und in enger Abstimmung mit dem Gesundheit­samt“, berichtet Bornemann. „Natürlich ist es wichtig, dass unser Cheftraine­r so schnell wie möglich wieder dabei sein kann.“Eine Sonderbeha­ndlung will der FC St. Pauli aber ausdrückli­ch nicht.

Sollten die Kiezkicker gegen Schalke erneut ohne Schultz und mit dem Duo Favé/Hürzeler an der Seitenlini­e antreten, ist dem Verein nicht bange. „Wir haben vollstes Vertrauen“, sagt Bornemann und setzt auf das gute Teamwork. „Wir werden sicherlich gut vorbereite­t in die Partie gehen.“Beim Spiel wäre Schultz dennoch dabei und involviert – nur

eben nicht körperlich.

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Trainer Timo Schultz ist derzeit in Quarantäne, hat aber weiter das Kommando bei St. Pauli.
Co-Trainer Fabian Hürzeler gab in Abwesenhei­t von Schultz die lauten Kommandos. Trainer Timo Schultz ist derzeit in Quarantäne, hat aber weiter das Kommando bei St. Pauli.
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Co-Trainer Loic Favé hatte auch in Nürnberg wie immer die Rolle des ruhigen Analytiker­s.

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