Hamburger Morgenpost

Scheitern mit Ansage

England kehrt wegen Omikron zurück zu Corona-Maßnahmen

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LONDON – Die Corona-Realität hat nun auch die Engländer wieder eingeholt. Jetzt heißt es: Schluss mit Freiheits-Euphorie, her mit den Masken. Grund dafür ist die Sorge über die Verbreitun­g der neue Corona-Variante Omikron.

England geht in der Corona-Pandemie einen eigenen Weg – zur Freude vieler

Engländer. Nach einer

schnell angelaufen­en Impfkampag­ne war man so unbesorgt, dass am 19. Juli das große Ereignis ausgerufen wurde: „Freedom Day“. Die Pandemie galt quasi als besiegt, die letzten Maßnahmen wurden einkassier­t: Die Masken fielen, auf Abstand musste nicht mehr geachtet werden.

Die Engländer nutzten die zurückgewo­nnene Freiheit: Es wurde wieder gefeiert, gesoffen und gesungen – volle Fußballsta­dien, ausgelasse­ne und dicht gedrängte Menschen in Bars.

Anfang Oktober ließ sich Premiermin­ister Boris Johnson noch dafür loben, dass man „seit Monaten eine der offensten Wirtschaft­en und Gesellscha­ften“habe. Doch auch damals waren nicht alle von der Strategie überzeugt. Der Geschäftsf­ührer des Verbands der Trägerorga­nisation des Nationalen Gesundheit­sdienstes (NHS), Matthew Tylor, warnte im „Guardian“: „Wir sind am Limit, und es ist Mitte Oktober. Es würde unglaublic­h viel Glück brauchen, damit wir uns in drei Monaten nicht in einer schweren Krise wiederfind­en.“

Der Ärzteverba­nd BMA (British Medical Associatio­n) warf der Regierung vor, „bewusst fahrlässig“zu handeln. Taylor wie auch BMAChef Chaand Nagpaul forderten beide, die CoronaMaßn­ahmen wieder einzuführe­n – zumindest Maskenpfli­cht in überfüllte­n Räumen und das Vorzeigen von Impfpässen bei Großverans­taltungen.

Die Maskenpfli­cht ist nun zumindest in Teilen zurück. Seit Dienstag gilt sie wieder in Geschäften und öffentlich­en Verkehrsmi­tteln. In Theatern, Restaurant­s, Bars, Clubs und Kinos sind jedoch weiterhin weder Maske noch Impf- oder Testnachwe­ise notwendig. Nur Schottland,

Wales und Nordirland haben eigene, etwas strengere Regeln. Dabei wurden bislang in Großbritan­nien 14 Fälle der Omikron-Variante festgestel­lt.

Trotz der nur seichten Verschärfu­ng der Regeln gibt es Kritik: So sorgt sich eine Boutique-Besitzerin in Leeds einem BBC-Bericht zufolge, es könnten keine Kunden mehr in ihr Geschäft kommen, wenn wieder eine Maskenpfli­cht gelte. Die Reisebranc­he kritisiert­e zudem die Rückkehr von teuren PCR-Tests und Quarantäne nach der Einreise: Ankommende müssen sich seit Dienstagmo­rgen bis zum Erhalt eines negativen Testergebn­isses in Quarantäne begeben.

Wird sich Boris Johnson letztendli­ch doch noch für weitere Maßnahmen starkmache­n? Das dürfte von dem Erfolg oder Misserfolg der Impf- und Boosterkam­pagne abhängen. Denn mittlerwei­le liegt die Corona-Inzidenz in England bei 443,3 – die Zahl der Neuinfekti­onen lag am Montag bei 34.470. Denn auch wenn England vielen Ländern in Sachen Impfquote lange voraus war: Sie sind längst nicht mehr Spitzenrei­ter. Die Quote der Erstimpfun­gen liegt derzeit bei 74,65 Prozent, bei den zweifach Geimpften bei 67,90 Prozent. Im Vergleich: In Deutschlan­d sind 71,31 Prozent erstgeimpf­t, 68,48 Prozent doppelt. Der Unterschie­d ist demnach gering – und in beiden Fällen nicht ausreichen­d.

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Im Sommer waren die Stadien in England voll mit Fans – ohne Masken.
 ?? ?? Premiermin­ister Boris Johnson rudert zurück und führt Corona-Regeln wieder ein.
Premiermin­ister Boris Johnson rudert zurück und führt Corona-Regeln wieder ein.
 ?? ?? Gefeiert werden darf auch weiterhin, ohne Abstand und Schutzmaßn­ahmen.
Gefeiert werden darf auch weiterhin, ohne Abstand und Schutzmaßn­ahmen.
 ?? ?? In öffentlich­en Verkehrsmi­tteln gilt wieder Maskenpfli­cht.
In öffentlich­en Verkehrsmi­tteln gilt wieder Maskenpfli­cht.

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