Hamburger Morgenpost

„Ich dachte, es wäre Krieg“

UNGLÜCK Fassade des Wohnhauses komplett weggebroch­en – ein Mann schwer verletzt

- Von DANIEL GÖZÜBÜYÜK und FLORIAN QUANDT

Ein Knall erschütter­t gegen 9.50 Uhr den Bereich Winterstra­ße, Ecke Braunschwe­iger Straße. Mauerteile werden auf die Straße geschleude­rt, beschädige­n mehrere Autos. Die ganze Fahrbahn ist mit Trümmern übersät.

Offenbar ist durch die Explosion aber nur die Fassade weggebroch­en; so sieht man etwa wie unberührt einen Staubsauge­r in einer Wohnung stehen – an der Kante zum Abgrund. In einer der oberen Wohnungen hängt ein Adventskal­ender an der Wand.

„Es gab eine Explosion in einem dreigescho­ssigen Altbau“, teilte Feuerwehrs­precher Martin Schneider der MOPO nur wenige Minuten nach dem Vorfall mit. „Die Fassade stürzte daraufhin komplett ein.“Ein Bewohner wurde aus dem Haus geborgen. Er erlitt schwere Verbrennun­gen und kam mit einem Rettungshu­bschrauber in eine Klinik, soll aber nicht mehr in Lebensgefa­hr schweben. Ein Ersthelfer verletzte sich leicht.

Mit Drohnen fliegt die Feuerwehr, die in der Spitze mit 80 Rettern im Einsatz ist, das Objekt ab, „um gegebenenf­alls weitere Verletzte aufzuspüre­n“, sagt Schneider. Auch ein Spürhund und das Technische Hilfswerk sind vor Ort.

Die Ursache für die Explosion sei noch unklar, so Polizeispr­echer Holger Vehren. „Das Haus hat einen Gasanschlu­ss, den hat die Feuerwehr stillgeleg­t.“Ein Statiker sei angeforder­t worden, der überprüfe, ob das Gebäude einsturzge­fährdet ist. „Erst im Anschluss daran kann das Haus betreten und mit den Ermittlung­en begonnen werden.“

Nach MOPO-Informatio­nen sind fünf Personen in dem Wohnhaus gemeldet. Die Rettungskr­äfte gehen nicht davon aus, dass sie sich zum Zeitpunkt der Explosion in ihren Wohnungen aufgehalte­n haben. Sie sollen wohlauf sein.

In unmittelba­rer Nähe zum Explosions­ort befindet sich die Kita „Chocoladen­fabrik“. Ein Erzieher zur MOPO: „Bei uns ist alles okay, den Kindern geht es gut. Wir haben einen lauten Knall gehört und auch Staubwolke­n gesehen. Wir sind froh, hier drinnen zu sein.“Zunächst durften Kinder und Erzieher das

Gebäude nicht verlassen. Später wurden sie dann in Begleitung der Polizei hinausgefü­hrt. Die Kita-Kinder kamen in die Obhut ihrer bereits wartenden Eltern

„Mein Sohn kam heute Morgen ins Bad und sagte, dass geschossen worden sei“, berichtet MOPO-Lokalchef Julian König, der in unmittelba­rer Nachbarsch­aft

wohnt. „Angesichts der dramatisch­en Bilder ist mir unbegreifl­ich, wie ich den Knall nicht hören konnte.“

Gisela Krömer ( 71) wohnt schräg gegenüber und hat die Explosion hautnah miterlebt. Es sei ein Riesengerä­usch gewesen, „als würde irgendwo ein Haufen Schutt abgekippt“. Als sie aus dem Fenster schaute, so sagt sie, wäre sie fast in Ohnmacht gefallen: „Ich dachte, es wäre Krieg. Gruselig. Ich habe noch immer ganz weiche Knie und kann es einfach nicht fassen, dass Leute, die ich kenne, so haarscharf an einer Katastroph­e vorbeigesc­hrammt sind.“

 ?? ?? Mit einem Großaufgeb­ot ist die Feuerwehr gestern Morgen nach Ottensen ausgerückt. Dort hatte es in einem Mehrfamili­enhaus eine Explosion gegeben: Die Fassade stürzte ein. Ein Bewohner wurde schwer verletzt.
Der Staubsauge­r und andere Gegenständ­e sind vollkommen unbeschädi­gt geblieben.
Mit einem Großaufgeb­ot ist die Feuerwehr gestern Morgen nach Ottensen ausgerückt. Dort hatte es in einem Mehrfamili­enhaus eine Explosion gegeben: Die Fassade stürzte ein. Ein Bewohner wurde schwer verletzt. Der Staubsauge­r und andere Gegenständ­e sind vollkommen unbeschädi­gt geblieben.
 ?? ?? „Ich habe immer noch ganz weiche Knie“, sagt Anwohnerin Gisela Krömer.
„Ich habe immer noch ganz weiche Knie“, sagt Anwohnerin Gisela Krömer.
 ?? ?? Polizisten brachten die Kinder der Kita „Chocoladen­fabrik“in Sicherheit.
Polizisten brachten die Kinder der Kita „Chocoladen­fabrik“in Sicherheit.
 ?? ?? Sedat Pince von der Kita im Nachbarhau­s: „Wir haben einen lauten Knall gehört.“
Sedat Pince von der Kita im Nachbarhau­s: „Wir haben einen lauten Knall gehört.“

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