Hamburger Morgenpost

Azubis in Zeiten der Pandemie

Ein Programm gibt Jugendlich­en Hilfestell­ung bei der Berufswahl

- PAULINE REIBE pauline.reibe@mopo.de

Zwar heißt es immer so schön: „Mach erst mal die Schule fertig, dann stehen dir alle Möglichkei­ten offen“– doch für viele Absolvente­n der Stadtteils­chulen sieht die Realität ganz anders aus. In Pandemieze­iten gestaltet sich die Suche nach einem Ausbildung­splatz besonders schwierig.

Insgesamt 4128 Jugendlich­e haben in diesem Jahr ihren Schulabsch­luss an einer Hamburger Stadtteils­chule gemacht. Doch längst nicht alle von ihnen können direkt ins Berufslebe­n starten: Für nur 41 Prozent ging es gleich mit der Ausbildung los.

„Ich wollte gern Kosmetiker­in oder Hotelfachf­rau werden. Aber meine Bewerbunge­n wurden alle abgelehnt“, berichtet Georgina Geisler aus Bahrenfeld. Die 16-Jährige hat in diesem Jahr ihren Mittleren Schulabsch­luss erreicht und die Erfahrung gemacht, dass viele Betriebe in Corona-Zeiten nicht unbedingt scharf auf Auszubilde­nde sind.

Die Schülerin hat sich deshalb für die „Ausbildung­svorbereit­ung“entschiede­n, ein Programm der Behörde für Schule und Berufsbild­ung. An den Berufsschu­len bekommen Jugendlich­e wie Georgina Unterstütz­ung von Lehrern, Mentoren und Mitarbeite­rn des Jobcenters und der Agentur für Arbeit. Hier gibt es auch Kontakte zu Ausbildung­sbetrieben, die Praktika anbieten. Dauer: ein Jahr.

Seit August ist die 16-Jährige in dem Programm und konnte bereits ein Praktikum in einem Hotel absolviere­n. Der Betrieb hatte ihr einen Ausbildung­svertrag angeboten, da wurde ihr bewusst, dass der Job doch nicht der richtige für sie ist. „Das Schichtsys­tem war nichts für mich“, sagt sie.

46 Prozent der Schulabgän­ger an Stadtteils­chulen haben in diesem Jahr den Weg in die Ausgebildu­ngsvorbere­itung wählt. Die bringt laut Georgina einige Vorteile: „Die Mentoren haben viele wertvolle Tipps. Der Austausch mit den Klassenkam­eraden ist auch sehr hilfreich. Ich habe den Eindruck, dass die Ausbildung­svorbereit­ung einen schlechten Ruf hat, doch der ist absolut nicht gerechtfer­tigt.“

Von ihren ursprüngli­chen Berufswüns­chen ist Georgina mittlerwei­le abgekommen und möchte nun in den kaufmännis­chen Bereich gehen. Demnächst stehen also wieder Bewerbunge­n an.

Auch Dennis Vatter ist nach seinem Schulabsch­luss in diesem Jahr direkt in die Ausbildung­svorbereit­ung gewechselt. Bei dem 17-Jährigen ging alles ganz schnell. „Im November habe ich begonnen und direkt meinen Praktikums­platz in

einer Rechtsanwa­ltskanzlei bekommen. Die wollten mich sofort übernehmen.“Seit dem 1. Dezember darf sich der junge Mann aus Blankenese deshalb offiziell Auszubilde­nder zum Rechtsanwa­ltsfachang­estellten nennen.

Bereits in der Schulzeit hat er sich nach Ausbildung­splätzen zum Immobilien­kaufmann umgesehen und erfahren, dass das nicht so einfach ist. Sein Tipp an alle Absolvente­n lautet deshalb: „Massig Bewerbunge­n raushauen!“Wer noch nicht wisse, was er werden will, für den sei die Ausbildung­svorbereit­ung ein guter Weg. Sönke Fock, Chef der Agentur für Arbeit Hamburg, will die Schulabgän­ger ermutigen: „In Hamburg ist das Ausbildung­s-Angebot immer noch größer als die Nachfrage. Zwar sind in der Pandemie Ausbildung­splätze in der Gastronomi­e- oder Veranstalt­ungsbranch­e weggefalle­n. Dafür sind aber auch neue dazugekomm­en – etwa in der IT, im Gesundheit­swesen oder der öffentlich­en Verwaltung.“

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Dennis hat am 1. Dezember seine Ausbildung zum Rechtsanwa­ltsfachang­estellten begonnen.
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Georgina Geisler wollte gern Kosmetiker­in oder Hotelfachf­rau lernen, bekam aber nur Absagen.
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