Den Hardcore noch im Herzen
ALBUM Auf „FTHC“erzählt Frank Turner starke Storys
Natürlich muss man beim Titel von Frank Turners neuntem Album „FTHC“sofort an „NYHC“– also „New York Hardcore“, die New Yorker Spielart des harten Genres um Bands wie Agnostic Front oder Sick Of It All denken. Bewegt der 40-jährige britische Singer/Songwriter sich damit also komplett zurück zu seinen Punkrock- und HardcoreWurzeln, die er mit eigenen Bands wie Kneejerk, Million Dead und Möngöl Hörde hat? Ja und nein!
Hört man den ersten Song „Non Serviam“, denkt man wirklich, dass Frank Turner völlig zurück im Hardcore ist
– der Song ist gerade mal zwei
Minuten lang und nimmt ballernd, laut und mit Geschrei die Gehörgänge ein. Auch de
Track „My Bad“hat herrliche Punkrock-Elemente. Aber ansonsten bewegt sich Fran
Turner wieder in den Genres, in denen er sich als Singer/
Songwriter besonders wohlfühlt: Folk, Rock – und dabei hat er nie Angst vor großen Pop-Gesten und tollen, eingängigen
Melodien.
Inhaltlich setzt Frank Turner
– wie im Hardcore oft auch
– auf reinigende Katharsis.
„Haven’t Been Doing So
Well“etwa bezieht sich auf die Zeit, die wir alle jetzt schon so lange miteinander durchmachen müssen: „Es ist total aufregend, meine neue Musik nach diesen schlimmen 18 Monaten endlich herauszubringen“, sagt Frank Turner. „Das war eine schwere Zeit für viele Leute und auch für ihre mentale Gesundheit – mich eingeschlossen. Darüber offen zu sprechen, ist sehr wichtig für mich. Dieser Song handelt deswegen von Angst und allen Kämpfen, die damit einhergehen.“
Apropos Kämpfe: „Untainted Love“verhandelt Turners Erfahrungen mit Drogen und „Fatherless“seine absolut schwierige Beziehung mit seinem
Vater. Nachdem zwischen den beiden lange Zeit Funkstille herrschte, hat nun eine Annäherung – und auch Vergebung – stattgefunden. Superspannend: Im Song „Miranda“verrät Frank Turner den Ursprung für all die Vater-Sohn-Kämpfe: „My father is called Miranda these days. She’s a proud transgender woman. And my resentment has started to fade.“Der ehemalige Mann ist nun also eine Transfrau und Frank Turner freut sich in dem Song aufrichtig, dass er Mirandas Persönlichkeit nun endlich richtig kennenlernt.
Ein weiterer Mensch, der auf dem Album eine große Rolle spielt, ist sein Freund Scott Hutchison, der ehemalige Frontmann der schottischen Indierock-Band Frightened Rabbit, der im Jahr 2018 Selbstmord begangen hat. „A Wave Across A Bay“setzt ihm ein musikalisches Denkmal.
Neben all den richtig krassen Dingen, die Frank urner so widerfahren,
ibt’s aber auch eine ewisse Leichtigkeit, ein oslassen und Chancen auf
em Album: Der letzte ong „Farewell To My City“andelt davon, dass er
iner heiß geliebten etropole London und ihrer
lturellen Vielfalt in der ndemie den Rücken kehrt hat. Vorher hauptete er noch steif und
t, dass er dort bis zu nem Tod leben werde, nun sehen die Dinge ganz anders aus: Momentan lebt Frank Turner zusammen mit seiner Frau in Mersea Island/Essex und genießt die Abgeschiedenheit und Freiheit direkt am Meer. Aber zum Glück ist das geliebte London mit zwei Stunden Fahrt auch ziemlich schnell erreichbar. Ob nun Hardcore, Punkrock oder Folkpop – es sind nicht die Genre-Schubladen, sondern die ganzen superstarken Geschichten, derentwegen man „FTHC“komplett durchhören und mögen muss.
„FTHC“erscheint morgen (11.2.) bei Xtra Mile Recordings/ Polydor.