Sogar die Industrie begrüßt Verbrenner-Aus
MOBILITÄT Neuzulassung ab 2035 nur noch für E-Autos. FDP stellt sich quer
BRÜSSEL/BERLIN – Das EU-Parlament fordert das Aus für Neuzulassungen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ab 2035 (MOPO berichtete). Das löst prompt den nächsten Krach in der Ampel-Koalition aus.
Der Beschluss des EU-Parlaments hat eine starke Signalwirkung – ist aber nicht bindend. Die neue Regelung gilt erst, wenn auch die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten zugestimmt haben. Das sollte eigentlich Ende des Monats geschehen. Bisher hatte die Bundesregierung (auch unter Angela Merkel) dem Verbrenner-Aus bis 2035 zugestimmt. Doch diesen Konsens kündigt die FDP nun auf: „Die Entscheidung findet nicht unsere Zustimmung“, erklärte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) gestern. „Das Aus bedeutet für die Bürgerinnen und Bürger einen harten Schritt.“Am Verbrenner-Motor hingen viele Arbeitsplätze, argumentiert Wissing. Der Politiker will Verbrenner auch nach 2035 zulassen, wenn diese „nachweisbar nur mit E-Fuels betankbar sind“. Auch FDP-Chef Christian Lindner setzt auf klimafreundliche, synthetische Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren. Eine Zustimmung zu dem EU-Beschluss würde „dem Geist der Technologieoffenheit im Koalitionsvertrag“widersprechen, mahnte er. Interessant: In der Autoindustrie selbst stößt das EU-Vorhaben nicht nur auf Ablehnung. Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, sprach zwar von einer Entscheidung „gegen die Bürger, gegen den Markt, gegen Innovation und gegen moderne Technologien“. Bei den Herstellern selbst klingt das aber etwas anders: VW sprach von einem „ambitionierten, aber erreichbaren Ziel“. Eckart von Klaeden, Sprecher von Mercedes-Benz, erklärte: „Im Prinzip begrüßen wir die Entscheidung.“Die Politik sei nun aber in der Pflicht, die notwenige Infrastruktur für E-Mobilität bereitzustellen. Der Konzern will bereits 2030 vollelektronisch sein, „wo es die Marktbedingunsehen gen zulassen“.
SPD und Grüne den Beschluss des EU-Parlaments positiv: „Je früher wir in Europa den Umstieg schaffen und uns aus der Abhängigkeit teurer fossiler Energie lösen, desto besser stehen wir im globalen Wettbewerb da“, argumentiert die GrünenFraktionschefin im Bundestag, Katharina Dröge. Es gebe im Koalitionsvertrag eine „klare Vereinbarung“, das Verbrenner-Aus bis 2035 zu unterstützen, sagte sie Richtung FDP. SPD-Fraktions-Vize Detlef Müller sprach von einer „verkehrs- und industriepo
Das Aus bedeutet für die Bürger einen harten Schnitt.
Verkehrsminister
Volker Wissing (FDP)
litischen Herausforderung. Aber es ist umsetzbar.“Umweltverbänden geht das aber noch nicht weit genug. Sie stören sich an dem späten Ausstiegs-Datum. BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg: „Allen Beteiligten muss klar sein, dass der Verbrennungsmotor ein Auslaufmodell ist.“Er fordert das
Verbrenner-Aus bereits für 2030. Tatsächlich haben sich andere Länder weit ambitioniertere Ziele gesetzt als die Bundesregierung. Norwegen lässt bereits ab 2025 nur noch EAutos zu. Fünf Jahre später folgen bereits Dänemark, Irland, Island, die Niederlande, Schweden und Slowenien. Allerdings: Diese Länder verfügen über keine nennenswerte eigene Auto-Industrie. Und: Alle haben schon heute eine höhere Quote an E-Autos. Bisher hinkt Deutschland in Sachen E-Mobilität stark hinterher. Nur jedes 81. Auto ist bisher voll elektrisch. Genauer: 618.000 Fahrzeuge erfüllen dieses Kriterium. Dagegen stehen bisher etwa 31 Millionen Benziner und 15 Millionen Dieselfahrzeuge.