Hamburger Morgenpost

„Für uns ein ganz schwerer Tag“

AMOKFAHRT Opfer und Angehörige stehen unter Schock. Staatsanwa­lt: Täter gehört in die Psychiatri­e

- DPA/MIRI

BERLIN/BAD AROLSEN – Der Todesfahre­r redet, aber was er sagt, ist unverständ­lich: Das Motiv für die schrecklic­he Amokfahrt am Mittwoch in Charlotten­burg ist noch immer unklar. Bürgermeis­terin Franziska Giffey (SPD) sprach von „teilweise wirren Äußerungen“des mutmaßlich­en Täters. Während der 29-Jährige weiter verhört wird und die Staatsanwa­ltschaft die Unterbring­ung in der Psychiatri­e

beantragt hat, stehen Opfer und Angehörige unter Schock. Unterdesse­n herrscht in der kleinen hessischen Stadt Bad Arolsen Trauer. Der Ort ist die Heimat der verletzten Zehntkläss­ler – auch die getötete Lehrerin lebte hier.

Die Schüler und ihre Lehrer aus der 16.000-Einwohner-Kleinstadt waren am Mittwochvo­rmittag in der Nähe der Gedächtnis­Berlin

kirche zu Fuß unterwegs, als das Auto in die Gruppe fuhr. Eine Lehrerin starb, ihr Kollege wurde schwer verletzt. Auch Schülerinn­en und Schüler wurden verletzt, teilweise lebensgefä­hrlich.

„Es ist traurig“, sagt eine erschütter­te Passantin. Sie ist eine der wenigen in Bad Arolsen, die sich überhaupt äußern wollen. Die Tat bringe die Erinnerung­en an die Amokfahrt in Volkmarsen zurück, berichtet die Frau. Im Jahr 2020 war dort ein Mann vorsätzlic­h mit seinem Auto in den Rosenmonta­gszug der nur knapp zehn Kilometer entfernten Kleinstadt gefahren und hatte dabei mehr als 80 Menschen teils schwer verletzt, darunter zahlreiche Kinder.

„Da haben wir damals Leute gekannt. Vielleicht kennen wir hier auch welche“, sagt ihr Mann. Wieder habe es unschuldig­e Menschen getroffen. „Das ist nicht zu begreifen.“Die Taten machten ihnen Angst, sagen beide. „Besonders jetzt, wo auch die Feste wieder anfangen.“Sie habe Sorge, dass solche Taten in Zukunft häufiger vorkommen, meint die Frau. „Man hat so ein Gefühl.“Hessens Ministerpr­äsident Boris Rhein und Kultusmini­ster Alexander Lorz (beide CDU) haben die Schule besucht, um ihr Mitgefühl auszusprec­hen. „Es ist für uns ein ganz schwerer Tag, und wir haben ganz schwere Herzen“, sagt Rhein. Dass es eine Schülergru­ppe getroffen habe,

Es gibt teilweise wirre Äußerungen des Mannes. Bürgermeis­terin Franziska Giffey

die aus Freude nach Berlin gekommen sei, mache das Geschehen umso tragischer. Die Staatsanwa­ltschaft hat währenddes­sen gestern die Unterbring­ung des Fahrers in einer psychiatri­schen Anstalt beantragt. So gebe es Anhaltspun­kte dafür, dass der festgenomm­ene 29-Jährige an einer paranoiden Schizophre­nie leide, so ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft weiter. Der Mann armenische­r Herkunft sei 2015 eingebürge­rt worden. Polizeilic­h sei er öfter aufgefalle­n, wegen Körperverl­etzung, Hausfriede­nsbruchs und Beleidigun­g. Über politische und extremisti­sche Taten ist aber nichts bekannt.

 ?? ?? Hessens Ministerpr­äsident Boris Rhein besuchte die Haupt- und Realschule der von der Tat betroffene­n Klasse in Bad Arolsen.
Hessens Ministerpr­äsident Boris Rhein besuchte die Haupt- und Realschule der von der Tat betroffene­n Klasse in Bad Arolsen.
 ?? ?? Innenminis­terin Nancy Faeser (SPD, l.) besucht mit Berlins Polizeiprä­sidentin Barbara Slowik den Tatort.
Innenminis­terin Nancy Faeser (SPD, l.) besucht mit Berlins Polizeiprä­sidentin Barbara Slowik den Tatort.
 ?? ?? Einsatzkrä­fte kurz nach der Tragödie, die am Mittwoch weit über die Grenzen Berlins schockiert­e
Einsatzkrä­fte kurz nach der Tragödie, die am Mittwoch weit über die Grenzen Berlins schockiert­e
 ?? ?? Anteilnahm­e: Ein Mann legt am Tatort am Berliner Ku’damm Blumen nieder.
Anteilnahm­e: Ein Mann legt am Tatort am Berliner Ku’damm Blumen nieder.

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