Hauptbahnhof soll ein Ort des Flanierens werden
ST. GEORG Ideensammlung in der Kunsthalle – Aufenthaltsqualität soll steigen, „Keksdose“muss weichen
Übervolle Bahnsteige, Menschen, die sich in die Regionalbahn quetschen oder wegen einer Zugverspätung genervt auf dem Boden warten: alltägliche Bilder vom Hamburger Hauptbahnhof. Mit täglich 550.000 Reisenden und Pendlern ist er der am meisten frequentierte Bahnhof Deutschlands – platzt aber inzwischen aus allen Nähten. Deshalb soll er erweitert werden. Für seine Umgebung wurden jetzt die ersten Ideen gesammelt.
Insgesamt sechs Arbeitsgruppen gab es am Donnerstagabend in der Kunsthalle. Sie alle beschäftigten sich mit dem direkten Umfeld des Hauptbahnhofs: Da wurde das südliche Gleisfeld in Richtung Hühnerposten betrachtet, der Übergang zur Mönckebergstraße, die Nordseite, die einzelnen Plätze und die geplante Kommunaltrasse an der Steintorbrücke für Räder, Busse und Taxen. Eine Extra-Gruppe sammelte Vorschläge für schnell umsetzbare Zwischenlösungen. Bei der öffentlichen Veranstaltung konnten die Besucher von einem Tisch zum nächsten schlendern und ihre Ideen niederschreiben. Schon bald waren die Stationen überklebt mit bunten Post-its. „Gastronomie“, prangte beim Hachmannplatz auf einem blauen Zettel, „Sportgeräte“, „Wasserflächen“und „Food Market“daneben.
„Mir ist es wichtig, dass der neue Hauptbahnhof nicht nur schnieke und steril wird, sondern auch lebt!“, sagte der 70-jährige KlausPeter Krüger. Er schlug verschiedene Buden mit Gerichten aus aller Welt vor. „Essen bringt die Menschen zusammen“, sagt der Hamburger. Für die meisten Besucher war die Aufenthaltsqualität das vorherrschende Thema. „Ich bin jeden Tag am Hauptbahnhof und muss oft auf meinen verspäteten ICE warten“, erzählte die 56-jährige Birgit Ferber aus Eimsbüttel. „Für mich ist das bis jetzt kein Ort, an dem ich mich gerne aufhalte. Ich finde es super, dass sich das ändern soll.“Die 57-jährige Irene Herzog wurde noch deutlicher: „Ich schäme mich als Hamburgerin für den Hauptbahnhof. Niemand käme auf die Idee, sich dort zu verabreden und einen Cappuccino zu trinken.“
Dass diese Vorstellung tatsächlich einmal zur Realität wird, dafür wollen das Hamburger Architektenbüro „bof“und die Berliner Landschaftsplaner „hutterreimann“sorgen. „Der Hauptbahnhof soll ein Ort des Flanierens werden“, kündigte die Landschaftsarchitektin Barbara Hutter in der Kunst
halle an. „Für diesen gemeinsamen, öffentlichen Raum müssen wir aber auch erst mal ein wenig Platz schaffen. “An den Kragen geht es unter anderem dem unbeliebten, mehreckigen Hochhaus an der südöstlichen Seite des Bahnhofs – „Keksdose“genannt.
Ebenfalls mit Ideen zugeklebt war der Tisch zum Übergang in die Mönckebergstraße. „Fahrradstraße“, stand in Großbuchstaben auf einem der Post-its – eine Idee für den Glockengießerwall. Der Vorschlag: Autos sollen nur durch den Wallringtunnel und einen weiteren Tunnel an der Nordseite geleitet werden. „Die vielen ober- und unterirdischen Verkehre sind eine große planerische Herausforderung“, sagt Ole Flemming von „bof“. „Es gibt so viele verschiedene Akteure: die Bahnen, die Busse, die Fahrradfahrer, die Autos, die Polizei, die Bahnhofsmission. Sie alle müssen angemessen berücksichtigt werden.“Seit Ende Dezember steht der Siegerentwurf für die Erweiterung des Hauptbahnhofs fest. Die auffälligste Veränderung: eine Südhalle
Mir ist wichtig, dass der neue Hauptbahnhof nicht nur schnieke und steril wird, sondern lebt! Klaus-Peter Krüger
mit Glasdach, die quer an die jetzige südliche Fassade Richtung Hühnerposten anschließen und so eine Passage zwischen Innenstadt und St. Georg überdachen soll.
Die am Donnerstag gesammelten Ideen für das Bahnhofsumfeld werden jetzt von den Planern gesichtet, sortiert und auf Machbarkeit überprüft. Im August gibt es dann eine zweite Ideenwerkstatt, anschließend soll bis Ende des Jahres der Rahmenplan für die Hauptbahnhof-Umgebung festgezurrt werden.