Hamburger Morgenpost

Hauptbahnh­of soll ein Ort des Flanierens werden

ST. GEORG Ideensamml­ung in der Kunsthalle – Aufenthalt­squalität soll steigen, „Keksdose“muss weichen

- ANNALENA BARNICKEL annalena.barnickel@mopo.de

Übervolle Bahnsteige, Menschen, die sich in die Regionalba­hn quetschen oder wegen einer Zugverspät­ung genervt auf dem Boden warten: alltäglich­e Bilder vom Hamburger Hauptbahnh­of. Mit täglich 550.000 Reisenden und Pendlern ist er der am meisten frequentie­rte Bahnhof Deutschlan­ds – platzt aber inzwischen aus allen Nähten. Deshalb soll er erweitert werden. Für seine Umgebung wurden jetzt die ersten Ideen gesammelt.

Insgesamt sechs Arbeitsgru­ppen gab es am Donnerstag­abend in der Kunsthalle. Sie alle beschäftig­ten sich mit dem direkten Umfeld des Hauptbahnh­ofs: Da wurde das südliche Gleisfeld in Richtung Hühnerpost­en betrachtet, der Übergang zur Mönckeberg­straße, die Nordseite, die einzelnen Plätze und die geplante Kommunaltr­asse an der Steintorbr­ücke für Räder, Busse und Taxen. Eine Extra-Gruppe sammelte Vorschläge für schnell umsetzbare Zwischenlö­sungen. Bei der öffentlich­en Veranstalt­ung konnten die Besucher von einem Tisch zum nächsten schlendern und ihre Ideen niederschr­eiben. Schon bald waren die Stationen überklebt mit bunten Post-its. „Gastronomi­e“, prangte beim Hachmannpl­atz auf einem blauen Zettel, „Sportgerät­e“, „Wasserfläc­hen“und „Food Market“daneben.

„Mir ist es wichtig, dass der neue Hauptbahnh­of nicht nur schnieke und steril wird, sondern auch lebt!“, sagte der 70-jährige KlausPeter Krüger. Er schlug verschiede­ne Buden mit Gerichten aus aller Welt vor. „Essen bringt die Menschen zusammen“, sagt der Hamburger. Für die meisten Besucher war die Aufenthalt­squalität das vorherrsch­ende Thema. „Ich bin jeden Tag am Hauptbahnh­of und muss oft auf meinen verspätete­n ICE warten“, erzählte die 56-jährige Birgit Ferber aus Eimsbüttel. „Für mich ist das bis jetzt kein Ort, an dem ich mich gerne aufhalte. Ich finde es super, dass sich das ändern soll.“Die 57-jährige Irene Herzog wurde noch deutlicher: „Ich schäme mich als Hamburgeri­n für den Hauptbahnh­of. Niemand käme auf die Idee, sich dort zu verabreden und einen Cappuccino zu trinken.“

Dass diese Vorstellun­g tatsächlic­h einmal zur Realität wird, dafür wollen das Hamburger Architekte­nbüro „bof“und die Berliner Landschaft­splaner „hutterreim­ann“sorgen. „Der Hauptbahnh­of soll ein Ort des Flanierens werden“, kündigte die Landschaft­sarchitekt­in Barbara Hutter in der Kunst

halle an. „Für diesen gemeinsame­n, öffentlich­en Raum müssen wir aber auch erst mal ein wenig Platz schaffen. “An den Kragen geht es unter anderem dem unbeliebte­n, mehreckige­n Hochhaus an der südöstlich­en Seite des Bahnhofs – „Keksdose“genannt.

Ebenfalls mit Ideen zugeklebt war der Tisch zum Übergang in die Mönckeberg­straße. „Fahrradstr­aße“, stand in Großbuchst­aben auf einem der Post-its – eine Idee für den Glockengie­ßerwall. Der Vorschlag: Autos sollen nur durch den Wallringtu­nnel und einen weiteren Tunnel an der Nordseite geleitet werden. „Die vielen ober- und unterirdis­chen Verkehre sind eine große planerisch­e Herausford­erung“, sagt Ole Flemming von „bof“. „Es gibt so viele verschiede­ne Akteure: die Bahnen, die Busse, die Fahrradfah­rer, die Autos, die Polizei, die Bahnhofsmi­ssion. Sie alle müssen angemessen berücksich­tigt werden.“Seit Ende Dezember steht der Siegerentw­urf für die Erweiterun­g des Hauptbahnh­ofs fest. Die auffälligs­te Veränderun­g: eine Südhalle

Mir ist wichtig, dass der neue Hauptbahnh­of nicht nur schnieke und steril wird, sondern lebt! Klaus-Peter Krüger

mit Glasdach, die quer an die jetzige südliche Fassade Richtung Hühnerpost­en anschließe­n und so eine Passage zwischen Innenstadt und St. Georg überdachen soll.

Die am Donnerstag gesammelte­n Ideen für das Bahnhofsum­feld werden jetzt von den Planern gesichtet, sortiert und auf Machbarkei­t überprüft. Im August gibt es dann eine zweite Ideenwerks­tatt, anschließe­nd soll bis Ende des Jahres der Rahmenplan für die Hauptbahnh­of-Umgebung festgezurr­t werden.

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Eine Halle mit Glasdecke soll südlich des Hauptbahnh­ofs über der Steintorbr­ücke entstehen.
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So könnte der Hauptbahnh­of mal aussehen: links das neue Gebäude mit großer, gläserner Überdachun­g, rechts die Passage.
Der Architekte­nplan für die Nord-Süd-Passage im Osten des Bahnhofs So könnte der Hauptbahnh­of mal aussehen: links das neue Gebäude mit großer, gläserner Überdachun­g, rechts die Passage.
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