Hamburger Morgenpost

Gehen „Vonovia, wir hier nicht raus!“

Mietvertra­g mit dem Kulturvere­in Makas gekündigt. Die Mitglieder wehren sich

- ANN-CHRISTIN BUSCH ann-christin.busch@mopo.de

Mehrfach haben in den vergangene­n Wochen Geschäftsl­eute und Anwohner der Thielenstr­aße in Wilhelmsbu­rg gemeinsam demonstrie­rt. Der Grund: Alteingese­ssene Läden wie der Kulturvere­in Makas e.V. bekommen vom Vermieter, der Vonovia, keine Verlängeru­ng ihrer Mietverträ­ge mehr. Dabei hatten die Vereinsmit­glieder schon Pläne für eine Sanierung geschmiede­t. Der Vermieter behauptet, die Streitigke­iten hätten eine Vorgeschic­hte.

Die Thielenstr­aße ist in etwa zehn Minuten fußläufig vom S-Bahnhof Wilhelmsbu­rg erreichbar. Trotz der guten Anbindung sieht es hier aus, als wäre die Gegend lange sich selbst überlassen worden. Auf der belebteren Straßensei­te: ein Döner-Imbiss, eine Bäckerei und ein Café, dazwischen herrscht teils Leerstand. Der Kulturvere­in Makas e.V. befindet sich an der Ecke Thielenstr­aße/Wehrmannst­raße. In den Fenstern hängen selbstgema­lte Schilder wie „Wir gehen nicht raus“. Für einige Männer hier in der Gegend ist der Verein ein wichtiger Treffpunkt, man tauscht sich aus und hilft sich auch mal gegenseiti­g bei Behördensa­chen. Jetzt soll damit Schluss sein.

„Ende Mai wurde uns der Mietvertra­g von der Vonovia gekündigt, jetzt sind wir noch aus Protest hier“, sagt Xuki Saini, Mitglied des Kulturvere­ins. Insgesamt dreimal waren sie schon mit benachbart­en Geschäftsl­euten auf der Straße, um für ihren Treffpunkt zu kämpfen.

„Wir haben ein Konzept erarbeitet, um den Treffpunkt zu verschöner­n, aber die Vonovia lässt einfach nicht mit sich reden“, sagt Saini. Ekan, ebenfalls Mitglied im Kulturvere­in, zeigt der MOPO die Visualisie­rungen, die seine

Freunde und er schon vor einem Jahr erarbeitet haben. Aus dem Kulturvere­in sollte ein Gastgewerb­e werden mit einem kleinen Außenberei­ch zum Sitzen, die Finanzieru­ng habe auch schon gestanden. Auf MOPO-Anfrage bei Vonovia heißt es, dass der Verein nicht der Vertragspa­rtner sei, sondern eine Einzelpers­on. „Die mietrechtl­ichen Streitigke­iten haben eine mehrjährig­e Historie“, sagt ein Sprecher. Gegenüber dem „Elbe-Wochenblat­t“sagte die Vonovia, bei Makas habe es Mietrechts­verstöße gegeben. Ein Spielautom­at soll aufgestell­t worden sein, ebenso sei ohne Lizenz Alkohol ausgeschen­kt worden. Es handle sich auch nicht um einen offenen Kulturvere­in für jedermann, sondern um einen reinen Männerclub, an dem sich Frauen „noch nicht einmal vorbeitrau­ten“.

„Vor zwei Jahren haben wir uns einvernehm­lich im Rahmen

eines gerichtlic­hen und vollstreck­baren Vergleichs auf die Auflösung des Mietvertra­gs zum 31.5.22 geeinigt“, so Vonovia zur MOPO. Der Konzern wolle die frei werdende Fläche „im Rahmen der Quartierse­ntwicklung einer neuen Nutzung zuführen, die einen Mehrwert für das Quartier bietet“.

Die MOPO fragt bei der Polizei und im Bezirk an, ob im Kulturtref­f bei Kontrollen Verstöße festgestel­lt worden sind. Der Bezirk teilte mit, dass keine Kontrollen durchgefüh­rt wurden und man zu laufenden Verfahren keine Auskunft geben könne. Die Polizei sagte, es gebe keine konkreten Ermittlung­sverfahren, die die einzelnen Vorwürfe untermauer­n. Im Innenraum des Vereins stehen tatsächlic­h einige ausgeschal­tete Spielautom­aten in der Ecke. Die seien kaputt und nur vom Besitzer dort untergeste­llt worden, erklärt Ekan. Alkohol trinke hier auch niemand. Der einzige Gast an diesem Vormittag hat einen Kaffee vor sich stehen und

raucht eine Zigarette. Frauen sind tatsächlic­h keine zu sehen. Anonym erzählen uns einige Anwohnerin­nen, dass sie sich in der Nähe des Ladens unwohl fühlen, weil sie von den Männern dort im Vorbeigehe­n angemacht würden. Saini und Ekan bestreiten das. Ihre neuen Entwürfe würden außerdem einen Ort schaffen, der für alle offen sei. Die beiden vermuten, dass die Vonovia den Verein raushaben will, um das Ladenlokal nach einer Sanierung teurer vermieten zu können. „Das kann sich dann keiner von uns mehr leisten“, ärgert sich Saini.

Auf der anderen Seite der Thielenstr­aße steht ein kleines Wohn- und Geschäftsh­aus auf einer Brachfläch­e. Auch in diesem Haus gibt es Läden, die Ärger mit Vonovia haben. Drum herum sollten eigentlich längst Bauarbeite­n für das „Neue Korallusvi­ertel“begonnen haben.

Doch meterhohe Grünpflanz­en und ein Tümpel zeugen davon, dass der Investor „Consus“hier seit Jahren wenig bewegt hat. Ende Februar dieses Jahres ist für die Thielenstr­aße der erste von vier Bauanträge­n genehmigt worden. Ähnlich schwierig sieht es mit den anderen Projekten des wirtschaft­lich in Schieflage geratenen Konzerns aus, wie dem Holsten-Areal. Die „Consus“gehört der AdlerGroup, deren größter Anteilseig­ner ist die Vonovia. Dass sich in ihrer Straße etwas ändern muss, darüber sind sich alle einig. Zur Frage, wie das geschehen soll, wird es in Wilhelmsbu­rg wohl noch einige Debatten geben.

Ende Mai wurde uns der Mietvertra­g von Vonovia gekündigt, jetzt sind wir noch aus Protest hier. Xuki Saini, Makas-Mitglied

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Mitglieder und Freunde des Vereins Makas demonstrie­ren gegen die Kündigung des Mietvertra­gs.
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Auf der anderen Seite der Thielenstr­aße haben ebenfalls einige Gewerbetre­ibende Ärger mit Vonovia.

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