Hamburger Morgenpost

Das große Abwehr-Puzzle

Baustellen in der HSV-Defensive auch wegen Vagnoman. Gyamerah nach Nürnberg

- TIM MEINKE tim.meinke@mopo.de

Robert Glatzel hat seinen Vertrag verlängert, mit Filip Bilbija ist ein Neuer gekommen, der Deal mit Ransford Königsdörf­fer hängt noch in der Schwebe und Sonny Kittel steht vor dem Abflug. Planstelle­n, die allesamt im HSV-Offensivbe­reich verortet werden können – dort, wo die personelle Lage noch lange nicht in Gänze geklärt ist. Dabei offenbart auch der Blick auf das Defensiv-Aufgebot für die kommende Saison noch so manche Baustelle. Ein Überblick.

Seit der Verpflicht­ung von Matheo Raab hat der HSV fünf Profi-Torhüter unter Vertrag – mindestens einen zu viel. 2021er-Neuzugang Marko Johansson hat keine Zukunft im Volkspark, wird beim Vorbereitu­ngsstart in einer Woche aller Voraussich­t nach aber noch auf der Matte stehen. Die Trennung vom Schweden, die ob seines Vertrags bis 2025 letztlich auch per Abfindungs­zahlung erfolgen könnte, sofern Johansson keinen neuen Verein findet, ist die Defensiv-Baustelle Nummer eins.

Die zweite befindet sich in der Innenverte­idigung – und trägt vor allem den Namen Stephan Ambrosius. Der Mann, der sich im April 2021 das Kreuzband riss. Nachdem er im Frühjahr eigentlich schon wieder fit und einmal sogar in den Kader zurückgeke­hrt war, erlitt der 23-Jährige wieder einen Rückschlag, übte nicht mehr mit dem Team. Zum Trainingsa­uftakt sollte Ambrosius nun wieder voll da sein, seine Chancen auf Spielzeit allerdings erscheinen derzeit realistisc­h betrachtet gering. Sebastian Schonlau und Mario Vuskovic dürften weiterhin die besten Karten haben, hinter den beiden Stammverte­idigern drängt sich Jonas David auf, kämpft um Spielpraxi­s. Ambrosius wird sich weiter in Geduld üben müssen. Zumal er als „ZweikampfM­onster“nicht die spielerisc­hen Attribute verkörpert, die Coach Tim Walter von seinen Hintermänn­ern erwartet. Erst wenn er ebenjene Fähigkeite­n auf Wettkampf-Niveau unter Beweis stellt, dürfte er eine ernsthafte Option werden.

Am komplizier­testen wird es auf den Außenverte­idiger-Positionen, wo gestern offiziell Jan Gyamerah (Vertrag lief aus) verabschie­det wurde: Er wechselt zum

1. FC Nürnberg. „Dass mit Manu Wintzheime­r ein ehemaliger Mitspieler von mir im Team ist, erleichter­t mir den Start natürlich“, erkannte Gyamerah, der auch „Club“-Boss Dieter Hecking wiedersehe­n wird. Geht jetzt auch noch – wohin die Tendenz geht – Josha Vagnoman, der seinen Wechsel-Wunsch in die Bundesliga klar platziert hat, macht sich der HSV gewisserma­ßen selbst eine weitere große Baustelle auf. Denn in dem Fall stünde mit Moritz Heyer nur noch ein Rechtsvert­eidiger im Aufgebot. Nicht einmal ein gelernter wohlgemerk­t, der in der vergangene­n Saison bei Bedarf auch im Mittelfeld aushelfen musste – und auch eine Not-Option in der Abwehrmitt­e ist. Schaut man auf die andere Seite, kann man mit Freude feststelle­n: Neben Miro Muheim hat der HSV mit Tim Leibold wieder eine starke Alternativ­e. Nach Genesung von seinem Kreuzbandr­iss dürfte der Ex-Kapitän – sofern er die Belastung gut wegsteckt – direkt Walters Vertrauen erhalten. Dass Muheim, zumal Linksfuß, dann gleichzeit­ig auch als alleiniger Back-up hinten rechts fungieren soll, wirkt riskant. Am Ende des Tages ist es einfach: Je mehr Spieler der HSV noch abgibt, desto mehr zusätzlich­en Verstärkun­gsbedarf hat er auf dem Transferma­rkt. Das dann aber auch umzusetzen, sprich für neue Baustellen die passenden Lösungen zu finden, macht die Puzzle-artige Angelegenh­eit ziemlich komplex.

Vielleicht will er einen Wechsel dieses Mal ein bisschen mehr, das kann sein und ist ja auch menschlich.

Jonas Boldt über Vagnoman

 ?? ?? Sebastian Schonlau (l.) und Mario Vuskovic (hier gegen Freiburgs Nils Petersen) waren in der vergangene­n Saison als Innenverte­idiger gesetzt.
Jonas David (l.) ist nur Back-up, Josha Vagnoman will in die Bundesliga wechseln.
Sebastian Schonlau (l.) und Mario Vuskovic (hier gegen Freiburgs Nils Petersen) waren in der vergangene­n Saison als Innenverte­idiger gesetzt. Jonas David (l.) ist nur Back-up, Josha Vagnoman will in die Bundesliga wechseln.

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