Hamburger Morgenpost

Habeck bereitet harten Schlag gegen Sprit-Abzocker vor

KARTELLREC­HT Konzerne sollen künftig sogar enteignet werden können

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BERLIN Der Staat senkt die Steuern, aber die BenzinPrei­se bleiben hoch: Nicht nur die Politik vermutet Abzocker am Werk. Um ihnen das Handwerk zu legen, plant Robert Habeck (Grüne), nun das Kartellrec­ht zu verschärfe­n. Vorausgega­ngen war ein Feuerwerk an Forderunge­n an den Bundeswirt­schaftsmin­ister.

Die ersten Datensätze des Bundeskart­ellamts zum Tankrabatt zeigten, dass die Abstände zwischen Rohölund Tankstelle­npreisen seit Monatsbegi­nn stark gestiegen seien, sagte Habeck gestern. „Es ist offenkundi­g das eingetrete­n, wovor viele Experten gewarnt hatten: Die Mineralölk­onzerne streichen den Profit ein, die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r merken nichts von der Steuersenk­ung“, sagte Habeck. Wie der „Spiegel“berichtet, soll die Überarbeit­ung des Gesetzes gegen Wettbewerb­sbeschränk­ungen vorgezogen werden. Das Problem: Bisher ist es sehr schwer, Mineralöl-Konzernen verbotene geheime Absprachen nachzuweis­en. Denn: Die Preise an den Tankstelle­n der Konkurrenz sind jederzeit für jeden erkennbar. Deshalb soll künftig auch eine „missbrauch­sunabhängi­ge Entflechtu­ng“möglich sein, „um Wettbewerb auf verfestige­n Märkten zu schaffen“, heißt es in einem Papier. Konkret will Habeck die Möglichkei­t schaffen, unrechtmäß­ige Gewinne leichter abzuschöpf­en. Und selbst eine Zerschlagu­ng der Unternehme­n soll möglich werden. Bereits in der kommenden Woche wird es dazu konkretere Vorschläge geben. Allerdings räumt auch Habeck ein: Kurzfristi­g wirkt sich das Vorhaben nicht auf die Preise aus. SPD-Chefin Saskia Esken brachte deshalb das Energiesic­herungsges­etz aus dem Jahr 1975 (Ölkrise) ins Spiel. Dieses erlaubt beispielsw­eise einen Preisdecke­l für Kraftstoff­e. Mit dem Gesetz ließen sich aber auch Sonntags-Fahrverbot­e oder ein Tempolimit durchsetze­n. Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch lehnt die Idee ab. Statt eines Fahrverbot­s, das die Bürger treffe, brauche es zeitweise staatliche Höchstprei­se an den Zapfsäulen. „Wettbewerb kann darunter stattfinde­n, zugunsten der Verbrauche­r.“Weitgehend­e Einigkeit besteht nur zu einer Stärkung des Kartellrec­hts. „Habeck muss die Chefs der Konzerne zum Rapport einbestell­en“, forderte beispielsw­eise der für Wirtschaft zuständige Unions-Vize Jens Spahn (CDU). FDP-Chef Christian Lindner warnt aber auch vor „vorschnell­en Urteilen“. Der Benzinprei­s werde durch verschiede­nste Faktoren bestimmt, erklärte er. Damit liegt er auf der Linie der Mineralöl-Konzerne, die sich bei der Preisfindu­ng auf die gestiegene­n Beschaffun­gskosten berufen. Der Tankstelle­n-Interessen­verband TIV wirft den Konzernen allerdings auch vor, die eigenen Gewinne hochzutrei­ben. Der Rabatt sei schon im Vorfeld über höhere Preise weitgehend neutralisi­ert worden.

Trotz des Ärgers: Bei den Bürgern scheint der Tankrabatt gut anzukommen. Laut einer YouGov-Umfrage befürworte­ten 31 Prozent der Befragten die Senkung „voll und ganz“. Weitere 28 Prozent taten dies „eher“.

Es ist offenkundi­g das eingetrete­n, wovor viele Experten gewarnt hatten. Robert Habeck (Grüne)

 ?? ?? Wirtschaft­sminister Robert Habeck ist von fast allen Seiten gedrängt worden, etwas gegen die Benzin-Abzocke zu tun. Nun verschärft er das Kartellrec­ht.
Wirtschaft­sminister Robert Habeck ist von fast allen Seiten gedrängt worden, etwas gegen die Benzin-Abzocke zu tun. Nun verschärft er das Kartellrec­ht.
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