Kommt jetzt der soziale Pflichtdienst?
Dem Bundespräsidenten geht es nicht um eine neue Wehrpflicht
Für das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr gibt es regelmäßig mehr Bewerber als Plätze. Der Bundespräsident kann sich vorstellen, aus der Freiwilligkeit eine Pflichtzeit zu machen. Aber: Die Debatte über einen solchen Dienst für junge Menschen wird aus der Ampel-Koalition direkt abgewürgt.
Es geht um die Frage, ob es unserem Land nicht guttun würde, wenn sich Frauen und Männer für einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellschaft stellen“, sagte Steinmeier der „Bild am Sonntag“. Das Ganze müsse nicht bei der Bundeswehr sein, „die soziale Pflichtzeit könnte meiner Meinung nach genauso bei der Betreuung von Senioren, in Behinderteneinrichtungen oder in Obdachlosenunterkünften geleistet werden“, so der Bundespräsident weiter. Dies so einzuführen werde sicherlich nicht einfach, eine Debatte über eine soziale Pflichtzeit halte er aber in jedem Fall für angebracht.
Wie lange ein solcher Dienst aus seiner Sicht dauern sollte, ließ Steinmeier offen: „Ich habe bewusst Pflichtzeit gesagt, denn es muss kein Jahr sein. Da kann man auch einen anderen Zeitraum wählen.“Wichtig sei, den eigenen Horizont zu erweitern und verschiedene Sichtweisen kennenzulernen. „Gerade jetzt, in einer Zeit, in der das Verständnis für andere Lebensentwürfe und Meinungen abnimmt, kann eine soziale Pflichtzeit besonders wertvoll sein. Man kommt raus aus der eigenen Blase, trifft ganz andere Menschen, hilft
Bürgern in Notlagen. Das baut Vorurteile ab und stärkt den Gemeinsinn.“
Aus der Ampel kam direkt die weniger begeisterte Antwort: Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) lehnten einen solchen Dienst umgehend ab. „Eine Dienstpflicht wird es mit uns nicht geben“, schrieb Stark-Watzinger auf Twitter. Paus machte sich hingegen dafür stark, es bei den unter jungen Menschen beliebten Freiwilligendiensten zu belassen.
„Ein sozialer Pflichtdienst würde einen Eingriff in die individuelle Freiheit eines jeden Jugendlichen bedeuten“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.
Die Wehrpflicht war 2011 nach 55 Jahren ausgesetzt worden, was praktisch einem Ende des Wehr- und Zivildienstes gleichkam. Der russische Angriff auf die Ukraine löste eine neue Debatte über die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht aus.