Wenn die Impfung krank macht
LANGZEITFOLGEN Ärzte beobachten Nebenwirkungen – aber sprechen aus Angst vor Schwurblern nicht drüber
Rund 40 Prozent der ehemals Corona-Infizierten leiden mittlerweile an Post-Covid, den Langzeitbeschwerden nach einer Infektion. Auch nach einer Impfung kann es zu Post-Covid-ähnlichen Symptomen kommen, dem sogenannten Post-Vac-Syndrom – obwohl diese als sehr sicher gilt. Dieses „Nach– Impfung-Syndrom“ist noch kaum erforscht und unter Ärzt:innen ein Tabuthema, Betroffene haben so gut wie keine Anlaufstellen.
Herz- und Lungenbeschwerden, Schwindel oder Sehstörungen: Die Symptome von Post-Vac sind vielfältig und individuell – genau wie beim Post-Covid-Syndrom. Im Forum „Nebenwirkungen der Covid-Impfungen“gibt es zahlreiche Berichte von Betroffenen. Eine Nutzerin schreibt: „Ich habe in den Beinen und Armen das Gefühl, dass in meinem Körper Gefäße zerplatzen.“
„Die diffusen Symptome fingen bei den Betroffenen in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung an und können, so wird es beschrieben, nicht durch andere Ursachen erklärt werden,“berichtet der „Spiegel“. Bisher ist nicht klar, wie viele Menschen in Deutschland unter Post-VacSymptomen leiden – und wie lange diese andauern. Bisher haben Betroffene in Deutschland nur zwei Anlaufstellen: die Charité in Berlin und das Uniklinikum Marburg. In Letzterem gibt es die eigens eingerichtete Spezialsprechstunde „Post-Vax“. Ihr Leiter Bernhard Schieffer sagt gegenüber dem „Spiegel“: „Es sind meist junge Menschen, die aus ihrem Alltag herausgerissen werden, wir sehen mehrheitlich Frauen.“Und erklärt weiter: „Ob
ihre Symptome tatsächlich von der Impfung kommen, wissen wir nicht. Es scheint aber, dass zumindest bei einem Teil der Patienten etwas durch die Impfung getriggert wurde, etwa in Form einer Reaktivierung früherer Viruserkrankungen oder einer Autoimmunreaktion. Das könnte zu Gefäßproblemen führen, die wiederum für die Symptome verantwortlich sind.“
Ähnlich wird auch der Ursprung zu Post- oder Long-Covid erklärt. Schieffer
weiter: „Es kann schon sein, dass es sich dabei um ähnliche Prozesse handelt.“Jedoch gebe es bisher noch zu wenige Daten für klare Aussagen zu Post-Vac. Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat das Thema auf der Agenda und twitterte: „PostVac-Syndrom muss besser untersucht werden, es ist kein Tabuthema und muss erforscht und behandelt werden.“
Auch dem Paul-Ehrlich-Institut, das für die Gesamtüberwachung der Arzneimittelsicherheit in Deutschland zuständig ist, fehlen derzeit noch genaue Zahlen für eine abschließende Beurteilung. Aber: Im aktuellen Bericht des Instituts zur Überwachung von Impfkomplikationen wurden als ein Post-Vac-Symptom Taubheit und Kribbeln bei rund 7 von 100.000 Geimpften gemeldet. Bei 65 Millionen Geimpften in Deutschland wären das insgesamt 4500 Betroffene – allein mit dem Symptom Kribbeln und Taubheit. Stiko-Mitglied und Mediziner Christian Bogdan stellt im „Spiegel“auch klar: „Grundsätzlich kann jede Impfung, auch die Impfung gegen Covid-19, unerwünschte Immunantworten entweder auslösen oder verstärken. Dieses Risiko ist jedoch sehr gering im Vergleich zu möglichen unerwünschten Immunreaktionen nach einer SARS-CoV-2-Infektion, wo der Körper mit viel höheren Antigenmengen konfrontiert wird.“Und: Die Impfstoffe gehören weltweit zu den am besten überwachten Arzneimitteln.
Für viele Ärzt:innen ist PostVac ein riskantes Thema. „Es ist ein riesengroßes Tabuthema in der Ärzteschaft, obwohl viele die Nebenwirkungen beobachten“, so Schieffer. So wolle kaum einer den Impfgegner:innen in die Karten spielen.