Hamburger Morgenpost

Die erste Transgende­rAbgeordne­te im Norden

Anna Langsch wurde als Mann geboren – und sorgt jetzt für eine Premiere im Landtag

- Von ANDRÉ KLOHN

Wenn Anna Langsch nach einem langen Arbeitstag runterkomm­en will, dann baut sie. Und zwar rein virtuell in einem PC-Spiel. „Da kann man wirklich klimaneutr­ale Städte bauen“, sagt die 39-Jährige und ist ganz begeistert. Im Landtag in Kiel hat die Grünen-Politikeri­n jetzt sogar die Möglichkei­t, an der Klimapolit­ik eines ganzen Bundesland­es mitzuwirke­n.

Bei der Landtagswa­hl am 8. Mai gewann Langsch überrasche­nd das Direktmand­at im Wahlkreis Kiel-West. Sie ist die erste Trans-Abgeordnet­e in der Geschichte des Schleswig-Holsteinis­chen Landtags.

„Ich bin aber mehr als nur trans“, sagt die 39-Jährige. Aus ihrer persönlich­en Geschichte macht sie keinen Hehl, geht offen damit um. „Denn es gehört zu meiner politische­n Geschichte und war auch ein Teil meiner

Kandidatur. Das sei wichtig für Menschen, die sie gewählt hätten. Für die wolle sie sich im Landtag einsetzen. „Ich kann nicht sagen, jetzt bin ich Abgeordnet­e und rede da nicht mehr drüber.“

Das Mandat für Langsch bedeute einen wichtigen Beitrag für die Sichtbarke­it des Themas, sagte Julia Monro von der Deutschen Gesellscha­ft für Transident­ität und Intersexua­lität. Vor 30 Jahren sei eine solche erfolgreic­he Kandidatur noch undenkbar gewesen. „Das trägt auf jeden Fall zur Normalität bei.“Hinter ihrer Kandidatur stecke „ungeheurer Mut“. Grünen-Landeschef Steffen Regis lobt Langsch als „starke Persönlich­keit“, die nicht nur mit großer Überzeugun­g für Queer-Rechte eintrete, sondern dabei auch sehr überzeugen­d sei. „Mit ihrer großen Willensstä­rke und als verlässlic­he Teamspiele­rin bereichert sie unser Grünes Team im Landtag.“Für die Grünen verhandelt Langsch derzeit im Bereich Soziales über die geplante schwarz-grüne Koalition unter Führung von Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) mit. Im Landtag will Langsch dazu beitragen, mehr Akzeptanz für sexuelle und geschlecht­liche Vielfalt zu schaffen. „Trans erzeugt große Sichtbarke­it, das will ich nutzen, denn beim Thema geschlecht­licher Vielfalt

sind wir 30 Jahre hinter der schwul-lesbischen Bewegung.“

Langsch wurde als Mann geboren. Bis zu ihrem Outing 2014 sei sie jahrelang für ihre langen Haare gehänselt worden, sagt Langsch. „Einen Tag nachdem ich mich als trans-weiblich geoutet habe, bekam ich auf einmal Kompliment­e für dieselben Haare.“Die Menschen setzten dann „eine andere Brille auf, mit der sie dich lesen“. Ebenso wichtig sind der Norddeutsc­hen der Umweltschu­tz und die Verkehrswe­nde. „Wer Straßen sät, wird Autos ernten“, sagt Langsch. Ihren VW-Bus hat sie bereits vor 20 Jahren verkauft, ist seitdem mit dem Rennrad unterwegs. Auch längere Strecken. „100 Kilometer sind machbar, das habe ich schon geschafft.“Joggen sei ihr zu langweilig, beim Radfahren entspanne sie besser. Oder bei als anspruchsv­oll geltenden Rollenspie­len wie der „Dark Souls“-Videospiel­Reihe. „Dafür muss man frustresis­tent sein“, sagt Langsch. Wie in der Politik zuweilen.

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Anna Langsch (Grüne) will sich im Landtag in Kiel vor allem für Klimapolit­ik einsetzen.

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