Sirrt da eine Mückenplage auf Hamburg zu?
STÖRENFRIEDE Feuchtes Wetter bietet ideale Brutbedingungen
Mit dem Sommer kommen auch die Insekten zurück: Das Sirren und Stechen stört Gartenfeiern, raubt manchem den Schlaf und nervt Wanderer. In Hamburg war es in den vergangenen Wochen warm und feucht – ideale Brutbedingungen für Stechmücken. Sie entwickeln sich in diesem Jahr besonders schnell.
Rund 50 Stechmückenarten sind in Deutschland bekannt. Gerade in der Nähe von Gewässern sind kleine, aggressive Stechmücken unterwegs – und Wasser gibt es in Hamburg eine Menge. Die sogenannten Überschwemmungsmücken sind abhängig von schwankenden Wasserständen und fühlen sich deshalb auch am Elbufer wohl. In Hamburg gebe es daher jedes Jahr ein erhöhtes Mückenaufkommen, sagt Doreen Werner vom LeibnizZentrum
für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg der MOPO. Auch Hausmücken aus der Regentonne seien in Hamburger Gärten zu finden. Eine Ausnahmesituation herrsche in Norddeutschland in diesem Jahr aber nicht, so die Biologin. Die Gemeine Hausmücke baue gerade ihre erste Population auf – und das in diesem Jahr zwei Wochen früher als sonst. Aktuell brauchen die Mücken von der Eiablage der blutsaugenden Weibchen bis zum Schlupf der folgenden Generation nur eine Woche. „Die Saison geht jetzt erst richtig los“, so Werner. Ein Großteil der Wald- und Wiesenmücken, die im Vergleich zu Hausmücken etwas größer und teilweise auch aggressiver sind, entwickelt pro Jahr nur eine Generation. Diese Mückenarten sind in Deutschland derzeit besonders aktiv, sagt die Biologin.
Weil sie so wetter- und temperaturabhängig ist, lässt sich die Entwicklung allerdings kaum über längere Zeiträume vorhersagen. „Mücken brauchen Feuchtigkeit und Wärme – wenn eine Komponente wegbricht, ist es schwerer für sie, sich fortzupflanzen“, erklärt die Biologin. Bei Trockenheit fänden die Insekten keine Brutplätze, in denen sie ihre Eier ablegen können. „Dann fliegen sie schwanger für Wochen durch die Gegend.“Wenn es wiederum regnet, aber nicht wärmer wird, ziehe sich die Entwicklungszeit für den Aufbau der Population in die Länge.
Eine invasive Art, die Asiatische Buschmücke, sirrt ebenfalls in fast allen Bundesländern und ist seit April bereits sehr aktiv. Das haben die Biologin und ihr Forschungsteam anhand des Mückenatlas sehen können. Darin werden Stechmücken mithilfe von Zusendungen aus der Bevölkerung kartiert. Etwa 500 Mücken seien in dieser Saison bereits geschickt worden. „Auch wenn es seltsam klingt: Wir freuen uns über jede Mücke. Der Atlas ermöglicht es Leuten, Fürsorge zu tragen“, sagt Werner der MOPO. Denn Stechmücken können gefährliche Krankheitserreger übertragen. Vor diesem Hintergrund sei der Mückenatlas ein wichtiges Werkzeug. Als Überträger geeignete Arten breiten sich hierzulande nämlich zunehmend aus – in den vergangenen Jahren seien fünf neue Stechmückenarten in Deutschland identifiziert worden. Zudem habe man zahlreiche Einschleppungen und Gründerpopulationen der Asiatischen Tigermücke entdeckt und entsprechende Kontrollen durchführen können. Fest etabliert haben sich nicht nur die Asiatische Tigermücke und die Asiatische Buschmücke, sondern auch die Koreanische Buschmücke, erklärt Werner. Die exotischen Arten, die tropische Erreger wie Zika-, Chikungunyaoder Dengue-Viren übertragen können, seien nicht mehr auszurotten. Aufgrund der Nähe zur Mittelmeerregion kommen sie allerdings vor allem in Süddeutschland vor – bis nach Hamburg haben die exotischen Arten es laut der Expertin noch nicht geschafft. Werner weist darauf hin, dass auch jeder selbst etwas gegen die Ausbreitung der Stechmücken tun könne: Mögliche Brutstätten sollten beseitigt und Regentonnen abgedeckt werden.