Hamburger Morgenpost

Was Scholz & Co. im Gepäck haben könnten

STAATSBESU­CH Kanzler hatte mal gesagt: Das wird kein reiner Fototermin

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KIEW – Offiziell bestätigt wurde es bis zuletzt nicht – wohl aus Sicherheit­sgründen. Dennoch: Heute werden Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD), Frankreich­s Präsident Emanuel Macron und der italienisc­he Ministerpr­äsident Mario Draghi in der ukrainisch­en Hauptstadt erwartet. Scholz hatte vor Wochen ja verkündet, er wolle keine solche Reise nur für ein paar Fotos antreten. Was also könnten er und die Kollegen konkret dabeihaben für Präsident Wolodymyr Selenskyj? Und nicht zu vergessen: was eher nicht?

Anreisen werden die Staatsmänn­er wohl i Zug. Scholz dürfte wie immer seine braune Leder-Aktentasch­e dabeihaben, die ihn auf Reisen stets begleitet. Ob die drei Herren allerdings

– im übertragen­en Sinne – Dinge im Gepäck haben, die der Ukraine gefallen, wird die Frage des Tages sein.

➤ EU-Kandidaten-Status: An sich soll über eine mögliche EU-Mitgliedsc­haft der Ukrain ee rs tnä chste Woche beim EU-Gipfel am 23. und

24. Juni beraten werden. Bisher gelten Macron und Scholz eher als Bremser. Anders als viele osteuropäi­sche Staatschef­s betonte Scholz stets, dass es keine Sonderbeha­ndlung für die Ukraine geben könne. Genauso wichtig für ihn: ein Status als Beitritts-Kandidate nf ür die Westlands balkan-Staaten. Dies erscheint Scholz wichtig, um den Einfluss Chinas, Russ

und der Türkei dort zurückzudr­ängen. Gerade in Bosnien-Herzegowin­a könnte Putin eine Abspaltung des serbischen Teils befeuern.

E sw ird aber erwartet, dass die EU-Kommission am Freitag eine Empfehlung für den Kandidaten­status der Ukrai ne geben wird. Was zunächst auch nur eine Perspektiv­e für eine Mitgliedsc­haft in einigen Jahren wäre. Scholz, Macron und Draghi könnten in Absprache mit Brüsel doch eine Überraschu­ng für Selenskyj parat haben.

➤ Mehr Waffen: Unter dem Strich ist die Ukraine derzeit im Osten auf dem Rückzug. Russland macht zwar keine großen Landgewinn­e. Dennoch rückt es kontinuier­lich vor. Auch die umkämpfte Stadt

Sjewjerodo­nezk soll laut britischem Geheimdien­st fast komplett in russischer Hand sein. Entspreche­nd klangen die Forderunge­n nach mehr Waffen zuletzt noch dringliche­r. 1000 Haubitzen brauche man, hieß es aus Kiew, dazu 300 Mehrfach-Raketenwer­fer, 500 Panzer, 2000 gepanzerte Fahrzeuge und 1000 Drohnen. Deutschlan­d wollte laut Medienberi­chten gestern am späten Abend die Lieferung dreier Mars-II-Raketenwer­fer im Rahmen des Treffens der NATO-Verteidigu­ngsministe­r:innen verkünden. Macron reiste im Vorfeld nach Rumänien und Moldawien, beides Nachbarlän­der der Ukraine. Dort ging es auch um den Ausbau der französisc­hen Militärprä­senz in diesen Ländern. Sein gestriger Appell: Es müsse auch ein klares Signal der Hilfe an die Ukraine geben. ➤ Kriegsziel­e: Während es in Sachen EU-Kandidatur und Waffenlief­erungen also vielleicht positive Nachrichte­n für die Ukraine geben könnte, sieht es in Sachen Kriegsziel­e vermutlich anders aus. Selenskyj hatte zuletzt verkündet, er wolle den gesamten Donbass und die Krim zurückerob­ern und sich auf keinen Frieden mit Gebietsver­lusten einlassen. Beobachter:innen vermuten: Scholz, Macron und Draghi dürften versuchen, den Präsidente­n von diesen in ihren Augen unrealisti­schen Zielen abzubringe­n.

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Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron (l.) und der italienisc­he Ministerpr­äsident Mario Draghi sollen ebenfalls mit Kanzler Scholz nach Kiew reisen.
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Anders als bei dieser Reise nach Litauen dürfte es für Kanzler Scholz mit dem Zug nach Kiew gehen. Vermutlich mit von der Partie: seine braune Aktentasch­e.

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