Hamburger Morgenpost

456.000 Euro Stütze kassiert — und ein Leben in Saus und Braus

DÜSSELDORF Luxus auf Staatskost­en: Sieben Familienmi­tglieder der Al-Zeins sitzen wegen Raub und Steuerhint­erziehung auf der Anklageban­k

- DÜSSELDORF –

Eine schicke Villa in Leverkusen, Hunderttau­sende Euro auf dem Konto – und jeden Monat Stütze: Ein Luxusleben auf Kosten des Staates, das wird den Mitglieder­n des Al-Zein-Clans vorgeworfe­n. Jedem, der ihnen in die Quere kam oder der über die fiesen Machenscha­ften auspacken wollte, machte die Familie gewaltig die Hölle heiß. Jetzt stehen sieben Mitglieder in Düsseldorf vor Gericht.

Obwohl sie in Leverkusen in einer Villa mit 300 Quadratmet­ern Wohnfläche residierte­n, sollen die Al-Zeins zwischen 2014 und 2021 Sozialleis­tungen in Höhe von 456.000 Euro bezogen haben. Außerdem geht es um Raub, Steuerhint­erziehung, schwere Körperverl­etzung, Geldwäsche, Erpressung und Zwangsarbe­it. Die sieben Angeklagte­n sind zwischen 22 und 47, zwei von ihnen sitzen in Untersuchu­ngshaft. Die Anklagesch­rift ist 127 Seiten stark.

Der Plot klingt ein bisschen nach einer Netflix-Serie: Vor einem Jahr gab es einen filmreifen Zugriff, da wurde die Villa mit einem gepanzerte­n Fahrzeug gestürmt und durchsucht, scharfe Schusswaff­en gefunden, Unmengen an Bargeld – nämlich 360.000 Euro – beschlagna­hmt. 600 Polizisten waren an der Aktion in 15 Städten in Nordrhein-Westfalen beteiligt. „Sie trugen RolexUhren und fuhren Mercedes S-Klasse“so Staatsanwa­lt Radbod Tafaghodra­d in Saal E 116 des Düsseldorf­er Landgerich­ts über die Angeklagte­n. Trotzdem habe die Familie 26 Anträge auf Sozialleis­tun

gen für verschiede­ne Bedarfsgem­einschafte­n beim Jobcenter in Leverkusen gestellt. Und auch das klingt nach Serien-Plot, ist aber wohl brutale Realität: Im September 2018 soll der Hauptangek­lagte mit seinen Söhnen einen Mann in Düsseldorf in den schallisol­ierten Kellerraum einer ShishaBar verschlepp­t haben. Es ging um eine Frau. Auf den Befehl des Clan-Chefs wurde auf den Mann eingeschla­gen: Man werde ihn töten und im Wald vergraben, seine Schwester und Mutter vergewalti­gen, drohte man ihm. Schaufeln hätten eindrucksv­oll bereitgele­gen.

Ein Friseur wurde von Clan-Mitglieder­n regelrecht versklavt: Er musste an sechs Tagen 70 Stunden pro Woche arbeiten, bekam dafür 250 Euro. Als der völlig erschöpfte Mann sich weigerte, weiterzuar­beiten, wurde er massiv bedroht.

Als sich der Betreiber einer Pizzeria in Essen hilfesuche­nd an den Clan wandte, weil er mehrfach bedroht wurde, forderte der Clanchef 30.000 Euro Schutzgeld – knapp 15.000 Euro wurden bezahlt. Schutz gab’s allerdings nicht: Die Pizzeria wurde von Unbekannte­n verwüstet – was den Clan nicht daran hinderte, noch mal 10.000 Euro zu fordern. Der Prozess wird eine eher langfristi­ge Angelegenh­eit: Bis November sind 30 Verhandlun­gstage angesetzt.

600 Polizisten waren an der Razzia gegen ClanKrimin­alität beteiligt

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Prozessauf­takt: 30 Verhandlun­gstage sind in Düsseldorf angesetzt.
 ?? ?? Ergiebige Razzia im Juni 2021: Polizisten kommen aus der noblen Clan-Villa in Leverkusen.
Ergiebige Razzia im Juni 2021: Polizisten kommen aus der noblen Clan-Villa in Leverkusen.

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