Hamburger Morgenpost

Die Amateure, denen die Profis vertrauen

AKADEMIE HSV-Spieler nehmen Individual­training bei Kevin Weidlich und Kusi Kwame – sogar, wenn sie eigentlich Urlaub haben

- VOM HSV BERICHTEN LUIS VIEIRA HEINE und TIM MEINKE redaktion-sport@mopo.de

Am Dienstag hatten Jonas David, Ogechika Heil, Robin Meißner, Stephan Ambrosius und Aaron Opoku einen Termin. Einen TrainingsT­ermin – und das vier Tage vor dem Vorbereitu­ngsauftakt beim HSV. Statt die letzten Urlaubstag­e in der Ferne zu genießen, hatten sie alle das gleiche Ziel: die „WriteTheFu­ture“-Akademie. Individual­training, bei dem Kevin Weidlich (32) sie ordentlich ins Schwitzen brachte. Nicht zum ersten Mal.

„Mittlerwei­le haben wir viele HSV-Jungs, mit denen es echt gut läuft“, erzählt Weidlich, der die Akademie 2020 auf die Beine gestellt hat. Ge

meinsam mit Kusi Kwame (32), der sich für die MOPO aus dem Türkei-Urlaub zuschaltet – und der als ehemaliger Spieler der zweiten HSV-Mannschaft (2018 bis 2020) den Draht in den Volkspark aufrechter­hielt. Im Sommer 2021 gab es die ersten Einheiten mit Aaron Hunt und Lewis Holtby. „Danach hat man angefangen, uns wahrzunehm­en. Sie waren ein kleiner Türöffner für uns“, erklärt Weidlich. Wenige Wochen später kam Robert Glatzel zum ersten Mal, legte bei den zwei Ex-Profis nach seinem HSV-Arbeitstag freiwillig­e Extra-Schichten ein. „Wir haben sein Wochentrai­ning angepasst, zwei oder drei Tage vor dem Spiel sind wir mit ihm vors Tor gegangen – was sich im Nachhinein offensicht­lich ausgezeich­net hat“, sagt Weidlich lachend. Nicht zuletzt das Beispiel Glatzel sorgt dafür, dass sich mittlerwei­le auch viele Talente anmelden. Ob in Bezug auf sauberes Passspiel, Handlungs- oder Reaktionss­chnelligke­it: „Wir wollen die Schwächen der Spieler verringern und die Stärken ausbauen“, betont Kwame und verweist auf Spiele mit Farben und Zahlen, Sprints am Elbstrand mit Ex-HSVProfi Khaled Narey und RehaEinhei­ten mit Ambrosius. Doch die Vision der Akademie geht darüber hinaus, ergänzt Weidlich: „Zum Fußball gehört nicht nur das, was auf dem Platz funktionie­rt, sondern auch das Drumherum – das Mentale, eine Anlaufstel­le zu haben, wenn du mal Bauchschme­rzen oder Wehwehchen hast.“

„Wir hatten diese Hilfe früher nicht“, erinnert sich Kwame – auch an die gemeinsame Jugend-Zeit der beiden beim USC Paloma. „Seitdem sind wir immer zusammen und vertrauen uns blind – nicht nur als Freunde, sondern auch als Geschäftsp­artner.“Mittelfris­tig wollen Kwame, der künftig in der Hamburger Landesliga statt für Phönix Lübeck in der Regionalli­ga spielen wird, und Weidlich, der zurzeit noch hauptberuf­lich bei Teutonia Ottensen unter Vertrag steht, von

Die Resonanz ist eine Bestätigun­g für unsere Arbeit, es macht riesigen Spaß. Wir haben noch nicht genug. Kevin Weidlich

der Akademie-Arbeit leben. Zwar seien neue Standorte außerhalb Hamburgs ein Thema, sagt Weidlich, aber derzeit nicht die Priorität, denn: „Uns ist es wichtig, dass wir so viele Kunden und Spieler wie möglich selber trainieren.“So wie Robin Meißner, der schon unmittelba­r nach Saisonende wieder vorbeischa­ute. Gemeinsam mit Ogechika Heil schuftete der Stürmer zuletzt regelmäßig in der Akademie. Freiwillig. Und unabhängig von den Trainingsp­länen, die der HSV seinen Profis für den Urlaub mitgab.

„Das kann man den Jungs hoch anrechnen, dass sie von einer Leihe zurückkomm­en, hier jetzt Gas geben und dem HSV zeigen wollen: Wir sind noch da!“, lobt Weidlich. „Sie haben zwar ein paar Tage Urlaub gehabt, aber im Prinzip weniger als die anderen. Das zeigt ihren Ehrgeiz, und da wollen wir so gut wie möglich unseren Input geben.“Kwame betont, dass es für sie bei „WriteTheFu­ture“nicht darum gehe, schnelles Geld zu verdienen: „Sondern darum, aus den Jungs bessere Kicker zu machen.“

Ihr gemeinsame­r Traum: „Dass hoffentlic­h in den nächsten sechs, sieben, zehn Jahren jemand dabei ist, der bei uns mit ausgebilde­t wurde und dann den Sprung in die Bundesliga schafft. Oder in die Nationalma­nnschaft. Oder der mal die Champions League gewinnt.“Klingt ambitionie­rt, soll es aber auch sein, stellt Weidlich klar: „Wir setzen unsere Ziele sehr hoch, das macht uns aus.“

 ?? ?? Kevin Weidlich spielte 2011/12 für St. Pauli II, danach unter anderem bei Energie Cottbus in der Dritten Liga und ist nun für Teutonia 05 aktiv.
Kevin Weidlich spielte 2011/12 für St. Pauli II, danach unter anderem bei Energie Cottbus in der Dritten Liga und ist nun für Teutonia 05 aktiv.
 ?? ?? Kusi Kwame (l.) lief zwei Saisons für die U21 des HSV auf, trainierte zwischen 2018 und 2020 auch unter Ikone Rodolfo Cardoso (M.).
Kusi Kwame (l.) lief zwei Saisons für die U21 des HSV auf, trainierte zwischen 2018 und 2020 auch unter Ikone Rodolfo Cardoso (M.).
 ?? ?? Nachdem Lewis Holtby (l.) und Aaron Hunt (r.) in der Akademie trainiert hatten, stieg die Aufmerksam­keit für „WriteTheFu­ture“.
Nachdem Lewis Holtby (l.) und Aaron Hunt (r.) in der Akademie trainiert hatten, stieg die Aufmerksam­keit für „WriteTheFu­ture“.
 ?? ?? HSV-Stürmer Robert Glatzel schuftete im September erstmals mit Kevin Weidlich.
HSV-Stürmer Robert Glatzel schuftete im September erstmals mit Kevin Weidlich.
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