Hamburger Morgenpost

EU diskutiert über mehr Schutz für Lieferdien­stfahrer

Es geht um grenzübers­chreitende Regeln für Millionen Beschäftig­te

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BERLIN – Ist das Ende der Ausbeutung in greifbarer Nähe? Die prekären Arbeitsbed­ingungen von Lieferdien­stfahrer:innen ist immer wieder Thema – nun auch auf EUEbene. In Luxemburg wurde über grenzübers­chreitende Schutzrege­ln für die Millionen betroffene­n Beschäftig­ten verhandelt. Angeheizt durch die Pandemie erleben Liefer- und Fahrdienst­e einen gigantisch­en Boom. Ob der Einkauf, schon fertiges Essen oder andere Artikel jeglicher Art: Alles ist mittlerwei­le online zu bekommen. Doch anders als für die Kund:innen läuft es für die, die auf Rad und Roller springen und all das liefern müssen, meist nicht so paradiesis­ch. Wegen geringer Löhne, problemati­scher Arbeitszei­ten und schlechter Absicherun­g sind die Lieferdien­stJobs häufig sehr ausbeuteri­sch. Oft bleibt jungen Menschen, die aus anderen Ländern nach Deutschlan­d kommen, aber zunächst nichts anderes zum Arbeiten.

Zuletzt brachte der Aufstand der Mitarbeite­r:innen des Lieferdien­stes Gorillas gegen die schlechten Bedingunge­n Schlagzeil­en. Im Dezember gelang es ihnen jedoch – entgegen dem Willen der Unternehme­nsführung – einen Betriebsra­t zu wählen.

Auch Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) sieht Handlungsb­edarf. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf Liefer- oder Fahrdienst­e anlässlich eines Treffens der EU-Sozialmini­ster gestern in Luxemburg, dass Digitalisi­erung nicht mit Ausbeutung verwechsel­t werden dürfe. Es brauche europaweit­e Mindeststa­ndards.

Die EU-Kommission hatte Gesetzgebu­ngsvorschl­äge eingebrach­t, nach denen Online-Plattformb­eschäftigt­e künftig besser abgesicher­t werden sollen. Millionen

von Arbeiter:innen könnten demnach wie Angestellt­e eingestuft werden und etwa Anspruch auf Mindestloh­n und geregelte Arbeitszei­ten haben. Heute gelten viele Plattforma­rbeiter:innen als Freiberufl­er:innen. Heil begrüßte den Richtlinie­nentwurf und sagte, dass Plattforme­n

auch einen niedrigsch­welligen Zugang zum Arbeitsmar­kt böten. Klar sein müsse aber, ob jemand als Arbeitnehm­er oder Selbststän­diger tätig sei.

Aus Sicht von DGB-Chefin Yasmin Fahimi wird es „höchste Zeit, dass der digitale Schattenar­beitsmarkt politisch reguliert wird“. Sogenannte Gig- und Crowdworke­r – die frei arbeiten und ihre Aufträge über Plattforme­n erhalten – würden de facto gar nicht selbststän­dig arbeiten und dürften nicht länger um ihre Arbeitnehm­errechte betrogen werden.

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Für miserable Bedingunge­n bekannt: der Supermarkt­Lieferserv­ice Gorillas
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Auch Arbeitsmin­ister Heil unterstütz­t die Pläne der EU.

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