Hamburger Morgenpost

Der Schock nach dem Weltrekord

DISKUS Der Hamburger Mika Sosna hat sich bei seinem Super-Wurf verletzt und bangt um die WM

- NILS WEBER nils.weber@mopo.de

Es war ein Wurf mit wunderbar-furchtbare­r Wirkung. Vor einer Woche hatte Deutschlan­ds Diskus-Hoffnung Mika Sosna mit einem Fabel-Weltrekord in der Altersklas­se U20 für Furore gesorgt. Erst später stellte sich heraus, dass der Hamburger bei dem fast perfekten Versuch eine schwere Verletzung erlitten hat. Jetzt bangt der Hüne um seine WM-Teilnahme. Es wird ein Kampf gegen die Zeit – aber sein großes Ziel ist ein anderes.

Er hat ein paar Tage gebraucht, um alles sacken zu lassen. War ganz schön viel. Der Rekord, der Jubel, der Schmerz, der Schock. Seine Gemütslage beschreibt er im Gespräch mit der MOPO als „ein Hin und Her“. Da sei „einerseits die Freude und der Stolz über den Rekord und die ganzen Glückwünsc­he, die ich danach erhalten habe“, sagt Sosna. „Anderersei­ts ist da diese Scheiß-Verletzung und die Sorge, dass die mich die WM kostet.“An den Moment, in dem alles zusammenka­m, im Guten wie im Schlechten, erinnert sich Sosna noch ganz genau: Sein zweiter Versuch beim Wurf-Meeting in Schönebeck, südlich von Magdeburg. Gerade erst hatte ihm sein teamintern­er Rivale, Kumpel und Zimmerpart­ner Marius Karges den deutschen U20-Rekord weggeschna­ppt. „Ich habe erst für ihn gejubelt und dann gedacht: Das geht so nicht, Dicker, den Rekord holst Du Dir zurück“, erzählt Sosna mit einem Grinsen. „Ich habe dann alles reingelegt in den Wurf, habe extrem die Hüfte reingedonn­ert. Das war maximale Belastung. Das hat einer der kleineren Adduktoren nicht mitgemacht.“Schmerzen habe er zunächst gar nicht gespürt, sagt

Sosna. „Ich war bis obenhin voller Adrenalin, nachdem die Weite klar war. Mir tat nichts weh. Da war nur totale Freude.“

71,37 Meter weit hatte das Nachwuchs-Juwel von der TSG Bergedorf die 1,75 Kilo schwere Scheibe (im Männer-Bereich zwei Kilo) gewuchtet – und damit 1,24 Meter weiter als der 14 Jahre alte U20-Weltrekord des Ukrainers Mykyta Nesterenko. Erst vor seinem dritten Versuch habe er gespürt, dass „da was nicht stimmt“, berichtet der 1,99-Meter-Riese, der den Wurf noch ausführte, was er rückblicke­nd als Fehler bezeichnet, anschließe­nd aber den Wettkampf abbrach.

Eine eingehende Untersuchu­ng in Hamburg bei Spezialist Niklas Hennecke, der für Sosna extra am Sonntag die Praxis geöffnet hatte, bestätigte das ungute Bauchgefüh­l. „Ein Adduktor ist gerissen“, so Sosna, der einen Tag später 19 Jahre alt wurde. Ein Geburtstag mit gemischten Gefühlen. Vier Wochen Wurf-Verbot hat Sosna. Das wäre nicht dramatisch, wenn nicht bereits am 15. bis 17. Juli die Junioren-DM in Ulm anstünde – wo im Diskus für die beiden Erstplatzi­erten zwei Tickets für die vier Wochen später stattfinde­nde U20WM im kolumbiani­schen Cali vergeben werden. „Ich habe definitiv Zeitdruck“, sagt Sosna. „Aber ich werde nichts überstürze­n.

Der Muskel muss richtig ausheilen. Das ist alternativ­los.“Er wird die DM ohne große Vorbereitu­ng bestreiten müssen – wenn überhaupt. Je nach Heilungsve­rlauf. „Ich will nicht riskieren, dass die Verletzung wieder aufbricht und mir nachher langfristi­g Probleme macht.“Sosna hat noch einiges vor in den nächsten Jahren, will sich im ersten Schritt im Männerbere­ich etablieren und dort in die nationale Spitze vordringen. „Mein großes Ziel sind und bleiben die Olympische­n Spiele in Paris 2024. Dafür gebe ich alles.“Und sei es, sich zu zwingen, vier Wochen keinen Diskus-Ring zu betreten. Der Weltrekord war übrigens nicht der weiteste Wurf seiner Karriere. „Im Training habe ich schon mal weiter geworfen“, verrät er. Wie weit, will er nicht sagen. Werfer-Geheimnis. „Ich hoffe, ich kann das in einem Wettkampf zeigen.“Bei der U20-WM? Die Zeit läuft.

Ich war bis obenhin voller Adrenalin. Mir tat nichts weh. Da war nur totale Freude. Mika Sosna

 ?? ?? Mit voller Wucht: Der 1,99 Meter große Diskuswerf­er Mika Sosna (19) von der TSG Bergedorf gilt als eines der größten Leichtathl­etik-Talente in Deutschlan­d.
Mit voller Wucht: Der 1,99 Meter große Diskuswerf­er Mika Sosna (19) von der TSG Bergedorf gilt als eines der größten Leichtathl­etik-Talente in Deutschlan­d.
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