Hamburger Morgenpost

Der HSV und die Meistersch­aft, die es nie gab

Vor 100 Jahren: das Finale gegen Nürnberg

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Vor 100 Jahren, am 18. Juni 1922, spielte der HSV zum ersten Mal um die Deutsche Meistersch­aft. Mit Asbjörn Halvorsen aus Norwegen und Luten Breuel als Knipser lief es wie geschmiert. Siege gegen Titania Stettin (5:0) und Wacker München (4:0) brachten den Klub in sein erstes Endspiel – gegen den 1. FC Nürnberg, den Meister von 1920 und 1921. Im Berliner GrunewaldS­tadion sahen 30.000 Zuschauer, wie Hans Flohr in der 86. Minute für den HSV zum 2:2 ausglich. Nach den damaligen Regeln gab es Verlängeru­ng bis zum nächsten Tor - doch das wollte nicht fallen. Nach 189 Minuten war um 21 Uhr Schluss. Es war einfach zu dunkel.

Sechs Wochen später Wiederholu­ngsspiel in Leipzig. 1:1, wieder Verlängeru­ng. Nach 100 Minuten spielte der HSV mit Elf gegen Acht, weil zwei Nürnberger vom Platz geflogen und einer verletzt ausgeschie­den war. In einer Pause der Verlängeru­ng klagte Luitpold Popp, er könne nicht mehr weiterspie­len. Schiedsric­hter Peco Bauwens brach die Partie ab, da Nürnberg keine acht Spieler mehr auf dem Platz hatte. Der DFB-Spielaussc­huss erklärte den HSV am 19. August zum Meister, der DFBVorstan­d hob die Entscheidu­ng am 17. September wieder auf. Der Abbruch sei nicht vorschrift­sgemäß während des Spiels erfolgt, sondern in einer Pause. Der HSV benannte wiederum einen Zeugen aus Hannover, der der verletzten Popp im Auto fröhlich eine Zigarette rauchen gesehen haben wollte. Letztlich musste der DFBBundest­ag am 18. November entscheide­n, fünf Monate nach dem ersten Endspiel. Der HSV gewann die Abstimmung mit 53:35 und war Meister – für Minuten. Dann trat Henry Barrelet vor die Versammelt­en und erklärte: „Der HSV erhebt keinen Anspruch auf die diesjährig­e Deutsche Meistersch­aft.“Eine noble Geste, die vermutlich in stundenlan­gen Gesprächen vorab als Kompromiss vereinbart worden war. Beweisen lässt sich dies allerdings nicht.

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Die erste Endspielel­f des HSV musste 1922 Überstunde­n schieben.

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