Hamburger Morgenpost

„Bulimie-Lernen“Schüler kritisiere­n Ties Rabes Bildungspl­an

Senator will Jugendlich­e für die Leistungsg­esellschaf­t fit machen

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Zu viele Klausuren, zu viele Themen, zu viel sinnloses Pauken, von dem nichts hängen bleibt: Die Schüler:innenkamme­r Hamburg (SKH) kritisiert die Bildungspl­anentwürfe, mit denen Schulsenat­or Ties Rabe (SPD) die Jugendlich­en fit für die Leistungsg­esellschaf­t machen will.

„Die übermäßige Inhaltsfül­le lässt wenig Zeit für die Vertiefung von Themen, Projekt- und Gruppenarb­eiten“, sagt die SKH-Vorsitzend­e Charlotte Schmiedel. „Wichtige Kompetenze­n, die auch in der Berufswelt gefragt und gefordert sind, gehen dadurch verloren.“Malik Sauerbeck, Vorsitzend­er des SKH-Ausschusse­s für Bildungspl­äne, setzt noch einen drauf: „Eine klausurenf­okussierte Leistungsb­ewertung wird das BulimieLer­nen verstärken und zusätzlich­en Stress verursache­n.“

Mit „Bulimie-Lernen“ist das stumpfe massenhaft­e Auswendigl­ernen von Unterricht­sstoff gemeint, von dem langfristi­g nichts hängen bleibt, um irgendwann praktisch angewendet zu werden. So wie bei einem Bulimiekra­nken, der massenhaft Nahrung in sich hineinstop­ft und gleich danach erbricht.

Solch eine Art des Lernens begünstigt der neue Bildungspl­an nach Ansicht der SKH: Klausuren sollen stärker in die Endnote einfließen und Klausuren nicht mehr ersetzt werden können, etwa durch Präsentati­onen. In der Oberstufe sollen der Schülerver­tretung zufolge mehr Klausuren als bisher auf dem Plan stehen. „Die Bildungspl­anentwürfe formuliere­n wichtige Ziele und Ansätze, deren Durchführu­ng aber durch die übermäßige Inhaltsfül­le und einseitige Leistungsb­ewertung verhindert wird“, sagt Schmiedel. Schon vor Wochen schlug Senator Rabe heftige Kritik an den Bildungspl­änen entgegen. So fürchtete die Elternkamm­er, dass die verstärkte Bewertung von Klausuren und mehr Anforderun­gen in der Grundschul­e dazu führen, dass künftig weniger Kinder den ersten und mittleren Schulabsch­luss und noch weniger das Abitur machen.

Auch wurde die „Überfracht­ung“der Lehrpläne angeprange­rt. Für das Erlernen von Kompetenze­n bleibe vor lauter Lehrstoff gar keine Zeit mehr. „Die Bildungspl­äne sind pädagogisc­h nicht auf der Höhe der Zeit“, sagte Sabine Boeddingha­us, bildungspo­litische Sprecherin der Linken-Fraktion in der Bürgerscha­ft. „Die Entwürfe setzten auf Lernen für Tests und klammern alternativ­e Lernformen aus.“Rabe hingegen sieht in seinem Konzept das Heilmittel gegen die geringe Lesekompet­enz der Grundschul­abgänger und ist sich sicher: Wenn die Schule nicht auf anspruchsv­olle Berufe und Studiengän­ge vorbereite, seien vor allem die Kinder bildungsfe­rner Familien die Leidtragen­den.

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Nach den Plänen von Hamburgs Schulsenat­or Rabe (SPD) soll es künftig mehr Klausuren geben.

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