Hamburger Morgenpost

Wilde Sex-Partys und K.o.-Tropfen

DROGEN Liquid Ecstasy ist äußerst gefährlich. Ein 31-Jähriger erzählt, warum er den gefährlich­en Wirkstoff trotzdem nimmt

- SAMIRA DEBBELER samira.debbeler@mopo.de

Die meisten kennen K.o.Tropfen als Vergewalti­gungsdroge. Ahnungslos­en wird der gefährlich­e Stoff heimlich ins Getränk gemischt. Die Wirkung: benebelte Sinne bis hin zu Bewusstlos­igkeit. Die Opfer haben keine Chance, sich gegen Raub oder Missbrauch zu wehren. Im schlimmste­n Fall führt der Rausch sogar zum Tod. Doch es gibt auch Menschen, die sich den Wirkstoff freiwillig einflößen. Die MOPO sprach mit einem, der das macht. „Ich kenne K.o.-Tropfen als Party- oder auch als Sexdroge“, erzählt der 31-jährige Tim M. (Name geändert). In der Szene spreche man aber von Liquid Ecstasy. „Ich habe mich eine Zeit lang mit einer Gruppe von Leuten in Berlin getroffen. Die waren alle superreich“, sagt der junge Mann. „Wir waren dann öfter bei einem Typen in der Wohnung. Und dann haben wir alle eine kleine Menge K.o.-Tropfen genommen“, so M.

Das Ziel sei gewesen, dass die Anwesenden locker werden und Sex miteinande­r haben, erzählt der 31-Jährige. Und so sei es dann auch gekommen.

Tim M. ist 31 Jahre alt, absolviert ein Master-Studium. Er möchte mal Gymnasiall­ehrer für Englisch und Sport werden. „Ich finde die Vorstellun­g einfach cool, junge Menschen zu formen und ihnen Wissen mit auf den Weg zu geben“, sagt er. Sein Wohnort ist Oldenburg. Wenn er feiern will, fährt er aber auch mal gern in größere Städte. Er verbringt dann Wochenende­n in Berlin und Hamburg und taucht ab in eine Welt, die so gar nicht zu seinem souveränen Lebensplan passt. Warum er das macht? Aus Spaß, erzählt der 31-Jährige. Tim M. sieht den Konsum unkritisch, so wirkt es. Mit den Risiken, die damit verbunden sind, setzt er sich offenbar kaum auseinande­r. „Es gibt Gamma-Hydroxybut­tersäure (GBH), das ist illegal. Es gibt aber auch eine verwandte Chemikalie, die bekommt man leicht, weil sie in einigen Industries­toffen verwendet wird.“Christiane Lieb von der Beratungss­telle „Sucht Hamburg gGmbh“erklärt der MOPO, was der Konsum für Folgen haben kann: „Es tritt innerhalb kurzer Zeit eine sehr starke Müdigkeit ein, die zu einem sehr tiefen Schlaf bis hin zu Bewusstlos­igkeit führen kann. Schlimmste­nfalls kann es auch zu einer Atemlähmun­g mit Todesfolge kommen“, sagt sie.

„Die langfristi­gen Folgen

können Gedächtnis- und Konzentrat­ionsstörun­gen, aber auch Schlafstör­ungen, Ängstlichk­eit und Zittern sein. Auch eine Abhängigke­itsentwick­lung gehört zu den Folgen eines längerfris­tigen regelmäßig­en Konsums“, so Lieb.

Das Phänomen des niedrig dosierten Konsums sei seit den 1990er-Jahren bekannt. „Meist wird die Droge so in der Techno- bzw. Elektrosze­ne konsumiert“, sagt sie. „Die gewünschte­n Wirkungen reichen von Euphorie, Entspannun­g, intensiver­er Wahrnehmun­g bis hin zu akustische­n und optischen Halluzinat­ionen, weshalb es in der Partyszene am ehesten verbreitet ist“, so die Suchtberat­erin. Riskant sei der Gebrauch aber eben auch hinsichtli­ch der schwierige­n Dosierung.

Und das kann auch Tim M. bestätigen. „Ich habe es mal mehrmals in einer Stunde genommen, um die Wirkung immer wieder aufzufrisc­hen“, sagt M. „Dann ist es mir passiert, dass ich ein Blackout hatte und mich an nichts erinnern kann. Das war schon unangenehm“, sagt er. Abgeschrec­kt hat ihn das Erlebnis nicht. Und wie passen solche Partyexzes­se zu seinem Wunsch, als Lehrer zu arbeiten und ein Vorbild für Kinder zu sein? „Was ich in meiner Freizeit mache, hat doch

Ich habe es mehrfach genommen, um die Wirkung immer wieder aufzufrisc­hen. Tim M.

damit nichts zu tun. Du glaubst gar nicht, wie viele seriöse Geschäftsl­eute, Mediziner und Co. im wilden Nachtleben unterwegs sind. Die Leute, mit denen ich die Sexpartys gefeiert habe, kamen auch aus allen diesen Branchen“, sagt Tim M.

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Eine mit Liquid Ecstasy gefüllte Spritze

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