Hamburger Morgenpost

Kliemann motzt gegen Medien und „woke Linke“

TIRADE Von seiner kürzlich gezeigten Reue ist nicht mehr viel zu spüren

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Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen ihn wegen Betruges – nun schaltet Fynn Kliemann in den Angriffs-Modus: In einem Video-Beitrag wettert der Influencer gegen die Medien, Teile der „woken* linken Szene“und natürlich den TVSatirike­r Jan Böhmermann – der hatte den dubiosen Masken-Deal aufgedeckt, dessentweg­en ermittelt wird. Wie glaubwürdi­g ist da die Reue, die Kliemann zuvor gezeigt hatte?

Fast vier Minuten lang redet sich Kliemann seinen Frust von der Seele – und sieht sich als Opfer einer Medien-Kampagne. „Da haben ziemlich viele Leute ziemlich viel durcheinan­dergebrach­t“, sagt der Musiker und Unternehme­r, „dann haben es alle abgeschrie­ben, es hat sich super geklickt, mein gesamtes Leben zerstört. Zehn Jahre NonstopArb­eit – alles kaputt!“Hintergrun­d seiner Tirade:

Die Staatsanwa­ltschaft Stade hat ein Ermittlung­sverfahren gegen Kliemann eingeleite­t. Es werde unter anderem wegen Betrugsver­dachts gegen den Geschäftsm­ann im Kontext des Böhmermann-Beitrags zu umstritten­en Geschäften mit Schutzmask­en ermittelt. Er soll über seinen Onlineshop Mund-NasenSchut­zmasken aus angeblich fairer europäisch­er Produktion verkauft haben, die tatsächlic­h aber zu DumpingLöh­nen in Bangladesc­h hergestell­t wurden.

Der Influencer rechtferti­gt sich: „Ich hab’ keine dieser Bangladesc­hi-Masken verkauft“, sagt er. Das sei bewiesen. „Ich hab’ aber auch verstanden, dass die Sachlage scheißegal ist.“Die Medien würden seinen Fall „das ganze Sommerloch weiter ausschlach­ten“. Wenn das Verfahren gegen ihn aber eingestell­t würde, würde niemand mehr darüber berichten.

Dabei hatte sich Kliemann vor drei Wochen auf Instagram noch reuig und zerknirsch­t gezeigt: „Hier wird der Richtige kritisiert. Ich habe mich als größten Maskenprod­uzenten feiern lassen, obwohl ich keiner war“, hatte er Ende Mai zugegeben. „Es hat sich gut angefühlt, von euch gemocht zu werden, und die Wahrheit ist, dass ich mehr davon haben wollte.“Statt als reuigen Sünder stellt er sich nun als Opfer einer böswillige­n Berichters­tattung dar und holt zum Gegenschla­g aus: Seine Kritiker würden ihn nur deshalb verurteile­n, weil er nicht ihren Normen und Erwartunge­n entspreche. „Diese Böhmermann-Scheiße geht mir komplett am Arsch vorbei“, schimpft Kliemann. „Hier stellen sich Menschen über andere Menschen und entscheide­n, wie sie zu sein haben.“Doch das könnte ein „Teil der woken linken Szene nicht akzeptiere­n – „weil sich alle den ganzen Tag nur gegenseiti­g zerfleisch­en, wenn ihren Erwartunge­n nicht entsproche­n wird“. Er schließt seine Wutrede mit Werbung für sein Workshop-Zentrum „Kliemannsl­and“in Rüspel im ländlichen Niedersach­sen ab. Da sei jeder so willkommen, wie er sei.

(*„woke“: laut Duden: „politisch wach und engagiert gegen Diskrimini­erung“(auch abwertend))

Diese Böhmermann­Scheiße geht mir komplett am Arsch vorbei. Fynn Kliemann

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Linke Szene“. Fynn Kliemann kritisiert in seinem neuesten Video die Medien und die „woke

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