Hamburger Morgenpost

Hurra! Die besten Stücke des Landes!

FESTIVAL Die Privatthea­tertage zeigen ab heute zwölf herausrage­nde Inszenieru­ngen – in (fast) der ganzen Stadt

- Von BRIGITTE SCHOLZ

Mit den Privatthea­tertagen 2022 schaut Hamburg zum mittlerwei­le zehnten Mal über den Tellerrand der eigenen vielseitig­en Szene hinaus. Das Jubiläums-Festival präsentier­t Highlights der überregion­alen Bühnenland­schaft: Zwölf herausrage­nde Inszenieru­ngen – Komödien, Zeitstücke und (moderne) Klassiker –, die an kleinen und großen Privatthea­tern während der Corona-Spielzeite­n entstanden waren, aufgrund der Zwangspaus­e dann aber nicht mehr gezeigt werden konnten. Die Qual der Wahl hatte die Jury aus Theaterfac­hleuten: Drei Teams tourten durch Deutschlan­d, um unter den 144 Beiträgen aller Bewerber die Hochkaräte­r zu entdecken und nach Hamburg einzuladen. Wie in jedem Jahr stehen die Bühnen mit ihrer Aufführung im Wettbewerb um einen der renommiert­en Monica-Bleibtreu-Preise. Die (undotierte) Auszeichnu­ng – auch eine Hommage an die 2009 in Hamburg verstorben­e Grande Dame des deutschen Theaters – zu erhalten ist für die Theater wie ein Ritterschl­ag, der ihre Arbeit adelt. Beeindruck­t „von der hohen Risikobere­itschaft der Privatthea­ter, sich auch immer wieder mit vermeintli­ch komplizier­ten Themen zu beschäftig­en“, ist Intendant Axel Schneider, der diese Leistungss­chau 2012 ins Leben gerufen hat. Der Spagat zwischen dramatisch­em Tiefgang und niveauvoll­er Unterhaltu­ng, mit dem die privaten Spielstätt­en Abend für Abend ihr Publikum erobern, spiegelt sich auch im Festival-Programm.

Mit gleich zwei Inszenieru­ngen geht die Kulturbühn­e Spagat aus München an den Start. Das Theater ist ein Projekt der Initiative Horizont e.V., die von der Schauspiel­erin Jutta Speidel gegründet wurde und sich für wohnungslo­se Kinder und Mütter einsetzt. Die Bühne präsentier­t sich mit einem Drama zum Thema Kindesmiss­brauch („Kitzeleien – Tanz der Wut“) sowie „Martha“. Die Komödie mit Puppenspie­l wirft einen berührende­n Blick auf das Alter und das Leben unter Einschränk­ungen.

Eine Neuauflage erlebt „Der eingebilde­te Kranke“. Molières Komödien-Klassiker auf Schwäbisch (!) rechnet mit dem Weltschmer­z heutiger Privilegie­rter ab. Ebenfalls mit einem Knüller reist die Theaterei Herrlingen an: Zu ihrer Aufführung von „Altes Land“nach dem Bestseller­roman von Dörte Hansen wird auch die Autorin erwartet. Eröffnet werden die Privatthea­tertage am Altonaer Theater mit dem „Automatenb­üfett“. Die wiederentd­eckte Komödie (von Anna Gmeyner), auf die Bühne gebracht vom Kölner Theater im Bauturm, stammt aus den 30er Jahren und macht im Kleinstadt­leben zwischen

technische­r Neuerung und alljährlic­hem Festumzug die Katastroph­e des aufkeimend­en Nationalso­zialismus sichtbar.

Für Zuschaueri­nnen und Zuschauer steht also viel auf dem Plan: Die Privatthea­tertage bringen ihnen außergewöh­nliche Schauspiel­e, Tanz und Figurenthe­ater aus ganz Deutschlan­d quasi direkt vor die Haustür.

Bis 3.7., diverse Spielorte, 9 bis 29 Euro, www.privatthea­tertage.de

 ?? Schwäbisch. ?? Das Theater Lindenhof Melchingen zeigt „Der eingebilde­te Kranke“auf
Schwäbisch. Das Theater Lindenhof Melchingen zeigt „Der eingebilde­te Kranke“auf
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany