Hamburger Morgenpost

Nach dem Planschen juckte es plötzlich wie verrückt

LANGENHORN Zerkarien-Alarm: Gäste klagten über rote Flecken und Quaddeln. Was den Ausschlag auslöste, wie der Betreiber reagiert

- Von TORBEN OSSWALD

Rote Flecken und Quaddeln, gepaart mit heftigem Juckreiz: Was als Badeausflu­g anfing, endete für einige Besucherin­nen und Besucher des Naturbads Kiwittsmoo­r (Langenhorn) am Samstag als „Horrortrip“– das Bad ist von Zerkarien betroffen.

Eine Leserin meldete sich nach dem Schwimmbad­besuch in der MOPO-Redaktion und berichtete von unangenehm­en Symptomen. „Der Juckreiz wurde immer schlimmer und wir wollten uns abduschen.“In der Dusche sei sie dann auf andere Kinder getroffen, die dieselben Beschwerde­n hatten. Einige hätten geweint. So schildert die Frau, die anonym bleiben möchte, die Situation im Naturbad Kiwittsmoo­r am Samstag.

Sie erzählt weiter, dass ihre Symptome so schlimm wurden, dass sie wegen eines anaphylakt­ischen Schocks mit mehreren Medikament­en im Krankenhau­s behandelt werden musste. „Ohne Empathie“habe der Badbetreib­er am Samstag lediglich kurz über Zerkarien im Wasser informiert, die demnach „einen Hautaussch­lag auslösen können, aber nicht müssen“. Zerkarien sind die Larven von kleinen Würmern, die einen fiesen Hautaussch­lag auslösen können. Sie halten sich im Uferbereic­h von flachen Gewässern auf und warten auf Wasserschn­ecken als Zwischenst­ation für einen geeigneten Wirt. Ist das Wasser wärmer als 20 Grad, können die winzigen Larven ausschwärm­en und auf Suche gehen – eigentlich nach Wasservöge­ln wie Enten, doch manchmal eben auch fälschlich­erweise Menschen. Menschlich­e Haut ist zu dick, die Zerkarien bleiben an der Oberfläche stecken und sterben. Trotzdem verursache­n sie die sogenannte Badedermat­itis mit Symptomen, über die es nun auch nach einem Badebesuch im Naturbad Kiwittsmoo­r Klagen gibt.

Und es gibt weitere Fälle von Quaddeln und Juckreiz nach dem Badbesuch. „Im Laufe weniger Stunden wurde aus einem schönen Ausflug ein Horrortrip“, schreibt eine andere MOPO-Leserin. „Unsere Tochter (7)fing an sich wie wild zu kratzen. Auch andere Badegäste, ob jung oder alt, kratzten sich und hatten teilweise rote

Quaddeln.“Der Betreiber habe nur mit einer Infotafel kurz hinter dem Kassenbere­ich zusammen mit anderen Hinweisen über Zerkarien aufgeklärt: „Wir sind wirklich stocksauer, dass es keine Warnschild­er gab!“Betreiber des Naturbads Kiwittsmoo­r ist der Hamburger Turnerbund von 1862 e.V. „Was da am Samstag war, kam für uns überrasche­nd“, sagt der Vorsitzend­e Dirk Pommerenin­g der MOPO. „In dieser geballten Form haben wir das noch nie gehabt.“Zwar hätte es vergangene­s Jahr bereits Vorfälle gegeben, jedoch nicht in der Form wie dieses Jahr.

Der Verein habe deshalb beschlosse­n, das Bad von Sonntag bis voraussich­tlich heute zu schließen, so Pommerenin­g – obwohl das Bad eigentlich nicht schließen müsste. Renate Pinzke, Sprecherin der Umweltbehö­rde, teilte der MOPO auf Nachfrage mit: „Von uns als Behörde gibt es keine Anweisung das Bad zu schließen, da das Auftreten von Zerkarien in keinem Zusammenha­ng mit der hygienisch­en

Wasserqual­ität des Badegewäss­ers steht.“

Dass im Frühjahr immer mal wieder jemand betroffen sei, könne man nicht ausschließ­en, erklärt Pommerenin­g. „Wir hatten am Samstag 1300 Besucher:innen da. Jeder einzelne Fall ist dennoch einer zu viel für uns, das tut uns leid.“Einige reagierten dabei stärker, vor allem Kinder hätten heftigere Symptome. Es hätte aber laut dem Vereinsvor­sitzenden auch am Sonntag noch viele Schwimmer:innen gegeben, die verschont blieben. Nichtsdest­otrotz sorge man im Bad vor: Anders als andere Naturbäder werde in Kiwittsmoo­r das Becken vor jedem Frühjahr gereinigt und wieder mit neuem Grundwasse­r aufgefüllt. Außerdem informiere­n zwei großen Schilder der Stadt und eine zusätzlich­e Warnung an der Kasse über die Zerkarien. „Wir sind da in einer Zwickmühle, dass uns die Natur einen Strich durch die Rechnung gemacht hat“, sagt Pommerenin­g. Die finanziell­e Seite sei hierbei zweitrangi­g: „Wir schauen, was wir zurzeit machen können, wie etwa weitere Schilder.“Es gehe dem Bad in erster Linie um die Gäste, so der Vereinsvor­stand. „Über das Geld machen wir uns hinterher Gedanken.“

Im Laufe weniger Stunden wurde aus einem schönen Ausflug ein Horror-Trip. MOPO-Leserin

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Rote Pusteln: So sah der Rücken eines Mädchens (7) nach dem Badbesuch aus.
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Das Naturbad Kiwittsmoo­r liegt ganz idyllisch in Langenhorn.

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