Hamburger Morgenpost

„Drei bis vier, vielleicht fünf Jahre der Knappheit“

AMPEL-TREFFEN Finanzmini­ster befürchtet lange Wirtschaft­skrise. Koalition tagt und sucht Lösungen

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BERLIN – Steigende Preise machen den Menschen das Leben schwer. Der Finanzmini­ster warnt, schon in einigen Wochen könne es „eine sehr besorgnise­rregende Situation“geben. Schnürt die Regierungs­koalition ein weiteres Entlastung­spaket? Vorschläge dafür gibt es etliche.

Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) hat die Menschen in Deutschlan­d auf eine entbehrung­sreiche Phase eingeschwo­ren. Es gehe um „drei bis vier, vielleicht fünf Jahre der Knappheit“, sagte er im ZDF-„heute journal“. „Es besteht die Gefahr einer sehr ernst zu nehmenden Wirtschaft­skrise aufgrund der stark gestiegene­n Energiepre­ise, aufgrund der Lieferkett­enprobleme, aufgrund auch der Inflation.“Oberstes Ziel müsse nun sein, die Inflation zu stoppen. „Nicht nur wegen der Wirtschaft, sondern weil viele Menschen auch Sorgen haben, ob sie das Leben bezahlen können.“

Der Koalitions­ausschuss von SPD, Grünen und FDP tagte gestern. Beraten wurde über mögliche Maßnahmen im Kampf gegen Preissteig­erungen bei Energie und Lebensmitt­eln in den kommenden Wochen. Die Ergebnisse wurden allerdings bis Redaktions­schluss nicht bekannt gegeben. Vorbereite­t werden sollte vom Koalitions­ausschuss in jedem Fall auch die „konzertier­te Aktion“, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) angekündig­t hatte. Dabei soll am 4. Juli gemeinsam mit Spitzenver­tretern der Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r beraten werden, wie die Preisentwi­cklung in den Griff zu bekommen ist.

Seit einigen Tagen pumpt Russland deutlich weniger Gas nach Deutschlan­d – die Preise stiegen entspreche­nd. Auch Lebensmitt­el sind in den knapp vier Monaten nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine deutlich teurer geworden. Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund forderte, deswegen den Grundfreib­etrag in der Einkommens­steuer auf mindestens 12.800 Euro zu erhöhen. Überdies forderte der DGB einen Preisdecke­l für den „Grundbedar­f“bei Strom und Gas. Bundessozi­alminister Hubertus Heil warnte, der Staat könne nicht alles für alle ausgleiche­n. „Ich sehe ganz grundsätzl­ich keine Spielräume, Menschen zu entlasten, die ein sehr hohes Einkommen haben“, sagte der SPD-Politiker dem „Stern“. Er sei aber offen, über eine gezielte Entlastung unterer und normaler Einkommen zu reden.

Der Bund der Steuerzahl­er und der Bundesverb­and mittelstän­dische Wirtschaft warnten die Koalition davor, die Schuldenbr­emse 2023 erneut auszusetze­n. Sie sei kein beliebiges politische­s Symbol, sondern Ausdruck eines fairen Miteinande­rs der Generation­en und einer tragfähige­n Haushaltsp­olitik, sagte Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der

Ich sehe keine Spielräume, Menschen zu entlasten, die ein sehr hohes Einkommen haben. Hubertus Heil (SPD)

Knappe Jahre für die Bevölkerun­g, Konzerne aber weiter mit satten Gewinnen? Das ist inakzeptab­el. Amira Mohamed Ali (Linke)

Steuerzahl­er. Er forderte, dass die Koalition wie vereinbart überflüssi­ge, unwirksame und klimaschäd­liche Subvention­en und Ausgaben abbauen müsse. Linken-Fraktionsc­hefin Amira Mohamed Ali indes mahnte: „Die explodiere­nden Energiekos­ten treiben die Inflation bei den Verbrauche­rpreisen und immer mehr Menschen können ihre Rechnungen jetzt schon nicht mehr bezahlen. Währenddes­sen schwört Finanzmini­ster Lindner die Bevölkerun­g auf entbehrung­sreiche Jahre ein, die Konzerne allerdings sollen weiterhin satte Gewinne machen dürfen. Das ist nicht akzeptabel.“Das Gebot der Stunde sei ein Energie-Notfallpla­n für den Winter, der Arbeitsplä­tze sichere und die Menschen entlaste.

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 ?? ?? Steigende Lebensmitt­elpreise belasten vor allem ärmere Haushalte.
Steigende Lebensmitt­elpreise belasten vor allem ärmere Haushalte.
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Christian Lindner (FDP) befürchtet, dass harte Zeiten auf uns zukommen.

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