Hamburger Morgenpost

St. Pauli schließt die „Akte Kliemann“

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MASKENDEAL­S Untersuchu­ng ist beendet – keine juristisch­en Schritte

Einmal mehr sorgt Fynn Kliemann für Schlagzeil­en. Gerade erst inszeniert­e sich der Influencer und DIYKünstle­r in der Affäre um zwielichti­ge Masken-Deals nach anfänglich­er Reue plötzlich als Opfer, jetzt gibt es Berichte über fragwürdig­e Online-Auktionen. Einer der Geschädigt­en in besagter Masken-Affäre war der FC St. Pauli – und wollte die Angelegenh­eit aufarbeite­n. Was ist daraus geworden? Die MOPO hakte nach.

Am 6. Mai hatte eine schwere Erschütter­ung das Kliemannsl­and getroffen. Es war der Tag, an dem der Satiriker Jan Böhmermann in seiner Sendung ZDF Magazin Royale die Machenscha­ften – oder besser: Maskenscha­ften – des Fynn Kliemann aufdeckte. Das Beben war weit über die Grenzen der bauernhofa­rtigen Mischung aus Kulturzent­rum und Kreativwer­kstatt zwischen Hamburg und Bremen zu spüren. Auch beim FC St. Pauli.

Denn der Kiezklub begann im April 2020, dem ersten Pandemie-Jahr, Mund-NaseBedeck­ungen zu verkaufen, die der 34-Jährige gemeinsam mit der Firma Global Tactics seines Freundes und Geschäftsp­artners Tom Illbruck produziere­n ließ. Kliemann rühmte sich damals als einer der größten Maskenprod­uzenten Europas, natürlich alles unter fairen Bedingunge­n. Das betonte er stets und beeindruck­te damit auch den

FC St. Pauli, der die Zusammenar­beit einging – wegen der Ausnahmesi­tuation und anders als normalerwe­ise beim Kiezklub Praxis, ohne sich einen eigenen Eindruck von den Produktion­sstätten zu verschaffe­n.

So blieb dem Verein verborgen, was Böhmermann­s Redaktion recherchie­rte: Die Masken stammten in bedeutsame­n Mengen nicht aus Europa, sondern aus Bangladesc­h, waren teils unter Missachtun­g europäisch­er (Lohn-)Standards hergestell­t worden, schützten nicht so wie vorgesehen vor einer Ansteckung mit der Seuche und wurden in diesem Zustand unter dem Deckmantel der Großzügigk­eit an Geflüchtet­e gespendet. Kliemann zeigt sich seit den Veröftlich­ungen fen wechselwei­se reuig bis trotstilis­iert zig, sich neuerdings als

Opfer der „woken linken Szene“sowie „der Medien“und sieht sich mit Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Stade konfrontie­rt. Der Vorwurf lautet Betrug.

Der FC St. Pauli indes leitet keine juristisch­en Schritte gegen Kliemann ein. Das ergab die am 6. Mai angekündig­te „interne Aufarbeitu­ng“, die inzwischen abgeschlos­sen ist. „Es handelte sich bei den gelieferte­n Masken um Lagerware, sodass es letztendli­ch nicht möglich war, den Produktion­sort zweifelsfr­ei zu verifizier­en“, heißt es auf Anfrage der MOPO vom Verein, der nach eigenen Angaben von Kliemann angeforder­te „Packlisten und weitere Dokumente“sowie einen Fragenkata­log auswertete. Es fehlt also ein Beweis, etwas Stichhalti­ges, um gegen Kliemann vorzugehen. Die Zusammenar­beit mit Global Tactics in einem weiteren Projekt hat der Klub ohnehin umgehend nach Bekanntwer­den der Vorwürfe beendet. Die abge schlossene Aufarbeitu­ng ist der Schlussstr­ich in Sachen Kliemann und St. Pauli. Die eigene „Akte Kliemann“ist geschlosse­n. Wenngleich Fragezeich­en bleiben – und wohl nie geklärt werden wird, was für Masken der Kiezklub eigentlich verkauft hat.

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Gegen Fynn Kliemann (34) wird wegen dubioser Masken-Deals ermittelt.

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