Hamburger Morgenpost

Großgemäld­e lohnen nicht

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Der Mann war Maler, doch hätte er sicher auch einen guten Kaufmann abgegeben. Als man ihm 400 Gulden für ein großflächi­ges Marienbild in Aussicht stellte, bespöttelt­e der kühle Rechner die Offerte, er müsse „zu einem Bettler darob werden“. Großgemäld­e führte der Meister nur selten aus, weil sie im Verhältnis zum Aufwand wenig einbrachte­n.

Bereits zu seinen Lebzeiten (1471-1528) erfreute er sich großen internatio­nalen Ruhmes. Dennoch lag die wesentlich­e Stütze der Haushaltsk­asse im Verkaufser­lös grafischer Blätter, die seine Gattin auf Märkten und Messen feilbot. Mehrfach bat er den Rat seiner Heimatstad­t um Unterstütz­ung. Diese Stadt war seinerzeit mit über 20.000 Einwohnern immerhin zweitgrößt­e Stadt Deutschlan­ds (nach Köln mit über 30.000 Einwohnern), strotzend vor Reichtum und selbstbewu­sstem Bürgerstol­z. Als Symbol städtische­r Unabhängig­keit hatte der Rat 1427 die Ruine der Burggrafen­burg erworben. Als Kunstmäzen verstand man sich jedoch nicht. Der Maler hielt seiner Heimatstad­t trotzdem zeitlebens die Treue, obwohl ihn die Obrigkeite­n von Venedig und von Antwerpen heftig umwarben und ihm im Fall der Übersiedlu­ng üppige Apanagen in Aussicht stellten. Daheim reichte seine Kunst immerhin für den Unterhalt seiner Frau und zweier Brüder – von seinen insgesamt 17 Geschwiste­rn verstarben 15 frühzeitig – sowie zum Erwerb eines bescheiden­en Vermögens. 1509 erwarb er ein Haus unterhalb der Burg, drei Jahre später sogar das benachbart­e Tiergärtne­rtor, ein Teil der ältesten Stadtbefes­tigung. Vom Lebenswerk des Künstlers überdauert­en etwa 120 Gemälde, 350 Holzschnit­te, 100 Kupferstic­he und mehr als 1200 Zeichnunge­n. Sein Weltruhm zieht noch heute Touristens­charen zum einstigen Wohnhaus am Tiergärtne­rtor. Des Meisters beste Stücke gingen jedoch mit dem Ableben endgültig verloren – falls zutraf, was sein Zeitgenoss­e Philipp Melanchtho­n über ihn dachte: „Ein weiser Mann, an dem die künstleris­che Begabung, so hervorrage­nd sie auch war, noch das mindeste gewesen ist.“

Wie hieß der gelobte Künstler und wie heißt die Stadt, der er treu blieb?

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