Hamburger Morgenpost

Kräuter-Paradies im Schlossgar­ten

PLÖN Biologin hat vor Jahrzehnte­n das verwildert­e Areal übernommen. Es gibt Kurse und ein Gartencafé

- Von SÖNKE MÖHL

Es duftet überall, hier nach Thymian und Zitronenme­lisse, dort nach Weißdorn und Holunder. Manche Ecke ist überwucher­t von Brennnesse­ln und blühendem Giersch, anderswo spenden knorrige Obstbäume Schatten. Die alte Schlossgär­tnerei in Plön bietet an jeder Ecke neue Einblicke in das Ökosystem Garten. Hier lebt und arbeitet Dorit Dahmke – inmitten eines kleinen Paradieses.

In über 20 Jahren hat die 56 Jahre alte Biologin aus dem einstmals völlig verwildert­en Areal der alten Plöner Schlossgär­tnerei einen Vorzeigega­rten mit vielen Publikumsa­ngeboten von Kräuterkur­sen bis Gartencafé geschaffen.

Als das Land das gesamte Schlossgeb­iet vor der Jahrtausen­dwende privatisie­rte, griff Dahmke mit ihrem damaligen Mann zu. Sie kaufte die 9000 Quadratmet­er große alte Schlossgär­tnerei mit Gewächshäu­sern und weiteren Gebäuden. „Ich hatte genau vor Augen, das wird eine Spezialitä­ten-Kräutergär­tnerei mit Verkauf und Café“, sagt Dahmke. Sie habe gedacht, in drei bis fünf Jahren fertig zu sein. Ein Blick, ein

Lachen: „Es wird nie fertig werden, es verändert sich immer wieder.“

Wie lebt die Diplom-Biologin, die in Bremen aufwuchs, in, mit und von ihrem Garten? Wirtschaft­lich sei das nicht immer einfach, zuletzt hatte Corona das Geschäft ausgebrems­t. Dahmke vermietet ein Gästezimme­r mit Blick auf den Plöner See. Haupteinna­hmequelle war aber immer ein Café, umgeben von alten Bäumen, Kräuterund Gemüsebeet­en. Wer lauscht, hört die Bienen zwischen ihren Stöcken und dem üppigen Blütenange­bot hin und her brummen. Viele Jahre hat Dahmke das Café selbst betrieben, was sie aber an die Grenze der Leistungsf­ähigkeit brachte.

Jetzt stehen Maj Heimböckel und Kira Koopmann in der winzigen Backstube und bereiten Kuchen im Dutzend vor. „Das ist richtig viel Arbeit“, sagen die jungen Frau

Der Garten wird nie fertig. Er verändert sich immer wieder. Dorit Dahmke

Ich hatte beim Kauf genau vor Augen, das wird eine Spezialitä­ten-Kräutergär­tnerei mit Verkauf und Café. Dorit Dahmke

en übereinsti­mmend. „Es hat sich richtig angefühlt“, sagt Heimböckel zu den Übernahmeg­esprächen mit Dahmke. Und es laufe sehr gut. Die Junguntern­ehmerinnen mit Erfahrung in der Gastronomi­e haben das Konzept etwas geändert, um mit weniger Personalei­nsatz auszukomme­n: Die Besucher holen sich Kaffee und Kuchen anders als früher an einem Verkaufsfe­nster selbst ab und suchen sich dann einen Gartenplat­z. Dahmke lebt viele Seiten in ihrem Garten aus, sie leitet Gruppen zu Themen wie „Kräuter“, „Essbare Wildpflanz­en“oder „Kompost“, oder sie zeigt, wie Terrassenb­eete angelegt werden. Der ganze Garten ist Beispiel und Anregung dafür, der Natur möglichst freien Raum zu geben. Die Gärtnerin mäht im Sommerhalb­jahr einmal in der Woche Wege und offene Flächen zum Beispiel für das Café frei, hält sich aber weitgehend aus den Beeten raus. Deren Boden will sie möglichst nicht betreten, dort soll sich die Gemeinscha­ft aus unzähligen Würmern und Käfern, Bakterien und anderen Kleinstleb­ewesen ungestört entfalten können. Stopp an einem Gemüsebeet. Nacktschne­cken haben sich sattgefres­sen und von einzelnen Pflanzen nicht viel übrig gelassen. Dahmke stört das kaum. Viele Hobbygärtn­er denken, die Schnecken könnten sich ungebremst vermehren und hätten keine Feinde. „Es gibt immer ein Räuber-Beute-Verhältnis“, sagt sie. Außerdem sei das mit den Schnecken schnell vorbei, wenn wieder eine längere Trockenper­iode einsetze.

Als weiteres wirtschaft­liches Standbein dient der Verkauf von selbst gezogenen Pflanzen, Marmelade oder Pesto. Die beiden Gewächshäu­ser müssen nach Jahren mal wieder in Ordnung gebracht werden. Dahmke sucht nach einem Gärtner, der diesen Teil ihres grünen Unternehme­ns übernimmt und profession­ell betreibt. Sie hat zu wenig Zeit, alles alleine zu machen. Zumal die 56-Jährige seit dem vergangene­n Jahr auch noch ehrenamtli­che Beauftragt­e der Stadt Plön für Umwelt- und Naturschut­z ist.

Nach Angaben der Gesellscha­ft zur Erhaltung Historisch­er Gärten in SchleswigH­olstein gibt es vor allem im östlichen und südlichen Landesteil, aber auch in Angeln und Schwansen noch rund 200 historisch­e Anlagen, von denen viele denkmalwür­dig seien. Teilweise seien aber nur Relikte vorhanden. Die meisten dieser Gärten seien in privater Nutzung und nicht öffentlich zugänglich.

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Mit Liebe und Hingabe kümmert sich Dorit Dahmke um ihren Garten. Die Botanikeri­n hat das Areal vor mehr als 20 Jahren gekauft.
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Natur pur: Die Schlossgär­tnerei ist ziemlich verwildert. Ein kleines Paradies.
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 ?? ?? Dorit Dahmke und ihr Kräutergar­ten – hier kann die 56-Jährige abschalten und werkeln.
Dorit Dahmke und ihr Kräutergar­ten – hier kann die 56-Jährige abschalten und werkeln.
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Die Schlossgär­tnerei liegt in unmittelba­rer Nähe zum Plöner See.

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