Hamburger Morgenpost

Darum habe ich Schalke abgesagt

HSV-Torjäger bekennt: „Ich habe auf Geld verzichtet“

- SIMON BRAASCH simon.braasch@mopo.de

Er hat die Messlatte verdammt hoch gelegt. Starke 27 Pflichtspi­eltore erzielte Robert Glatzel in seiner HSV-Premierens­aison, umso erfreuter waren die Fans, als der Angreifer vor wenigen Wochen bis 2025 verlängert­e. Viel fehlte nicht und Glatzel wäre zu Schalke 04 gewechselt. Am Ende aber entschied das Herz des 28-Jährigen.

Sie werden sich beim HSV etwas dabei gedacht haben, als sie über die Belegung der Zimmer im Team-Quartier „Das Sonnreich“sinnierten. Der erfahrene Glatzel, der in seiner Karriere schon vieles gesehen und erlebt hat, teilt sich eine Bude mit dem aufstreben­den Valon Zumberi, der seine Trainingsl­ager-Premiere mit den Profis feiert. Er wird gut zuhören, wenn Glatzel die eine oder andere Anekdote erzählt. Da gibt es so einige, zum Beispiel aus diesem Sommer. Für weniger als zwei Millionen Euro hätte Glatzel den HSV per Ausstiegsk­lausel verlassen können, war zwischenze­itlich auch tatsächlic­h fast weg – und blieb dann doch. „Ich habe auf jeden Fall auf Geld verzichtet“, sagt er rückblicke­nd. „Es war eine Entscheidu­ng des Herzens. Und man verdient ja eh viel mehr als viele andere.“

Dass ihn die Aussicht, mit Schalke in der Bundesliga zu spielen, reizte, gibt Glatzel offen zu. „Es hat auf jeden Fall eine Rolle gespielt, das wäre sonst gelogen“, stellt er klar. Die Königsblau­en waren sich ihrer Sache sogar so sicher, dass sie den bevorstehe­nden Deal hinter vorgehalte­ner Hand in der Szene schon kommunizie­rten. In Glatzel aber machte sich von Tag zu Tag mehr Unbehagen breit, wenn er an den sich anbahnende­n Transfer dachte. „Es kam mit der Zeit, dass es sich falsch anfühlte, zu wechseln“, erzählt er. „Am Ende hat viel mehr für den HSV gesprochen. Ich habe das Gefühl, dass es sich lohnt, hier noch mal zu kämpfen für die Bundesliga, dass es viel mehr wert ist, mit dem HSV dort zu spielen als mit einem anderen Verein.“Den Schalkern sagte Glatzel persönlich ab, das war ihm wichtig.

Nun der nächste Anlauf mit dem HSV, der das Ziel Aufstieg vor seinem fünften Zweitliga-Jahr so klar wie noch nie formuliert. „Ich finde es cool“, sagt Glatzel. „Man sollte Ziele haben und mutig sein, sie auszusprec­hen und zu verfolgen.“Insbesonde­re der Verbleib Sonny Kittels (stand vor einem Wechsel in die USA) stimmt Glatzel noch zuversicht­licher. „Als ich hörte, dass Sonny geht, war ich traurig“, bekennt der Torjäger. „Dass er bleibt, ist ein super Zeichen. Unsere Eingespiel­theit auf fast allen Positionen ist ein großer Vorteil.“Erst blieb Glatzel, dann Kittel. Kein Leistungst­räger verließ den HSV bisher, das nährt die Hoffnungen auf den Aufstieg. Sollte er wirklich gelingen, würde Glatzels Vater Seium, der aus Eritrea stammt, vor Stolz platzen. Der förderte seinen Sohn auch, als eine ProfiKarri­ere noch in weiter Ferne war, bat ihn zu Sonderschi­chten auf Münchner Bolzplätze­n. „Es ist eine unfassbare Geschichte, die uns da verbindet“, sagt der HSVAngreif­er. „Wir haben tagtäglich gefühlt als Einzige an diesen Traum geglaubt.“Nun lebt er ihn.

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 ?? ?? Robert Glatzel, der mit seiner Familie in Eimsbüttel wohnt, fühlt sich in Hamburg pudelwohl.
Robert Glatzel, der mit seiner Familie in Eimsbüttel wohnt, fühlt sich in Hamburg pudelwohl.

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