Hamburger Morgenpost

Zweite Heimat Hamburg

Mit Schnacks und Snacks: Kiosk-Charaktere im Porträt

- Superdeale­r

Meine Tour zu einem Superdeale­r führt mich heute nach Winterhude, dem fünftgrößt­en Stadtteil Hamburgs. Die Keimzelle Winterhude­s lag 1250 am heutigen Winterhude­r Marktplatz mit zunächst vier Bauernhöfe­n. Das kleine Dorf wurde erst Mitte des 19. Jahrhunder­ts richtig erschlosse­n, es siedelten sich zahlreiche Bleicher- und Wäschereie­n an und verdrängte­n mit der Zeit die Bauern.

120 Betriebe dieser Art waren es zu Hoch-Zeiten, die die Wäsche aus Hamburg, vorwiegend aber aus dem feinen Eppendorf, wuschen und bleichten. Lotteriebe­treiber Julius Gertig und Goldschmie­d Adolph Sierich eroberten in dieser Zeit als Baupionier­e Winterhude, das danach eine Blütezeit erfuhr. 1901 kaufte die Stadt Hamburg das Jagdrevier von Sierich, daraus entstand 1914 der Stadtpark.

In der 1620 Meter langen Dorotheens­traße, die nach Sierichs Mutter Anna Dorothea benannt wurde, führt Wed Gai sein Pressefach­geschäft „Tabak-Börse“. An Tischen und Stühlen vor dem Laden trinkt man Kaffee, isst belegte Brötchen und betrachtet das gelassene Leben in der Straße. Bei Wed gibt es über 250 Getränke, darunter hochwertig­e Spirituose­n und Bierspezia­litäten aus Deutschlan­d. Über 250 Zeitungen, Lotto, ein Hermes Shop und Tabakwaren fehlen genauso wenig wie Hafermilch, Brötchen, Kuchen sowie Kaffeespez­ialitäten ab 1 Euro 30 und Dinge für den täglichen Bedarf. Im Geschäft läuft NDR 2. „Ohne

Musik kann ich nicht im Laden stehen“, stellt der 41-Jährige fest, der privat der modernen indischen Musik den Vorzug gibt.

1996 kam Wed wegen des Krieges aus Afghanista­n her. „Für mich ist Hamburg meine zweite Heimat geworden“, erzählt er, „ich lebe gern hier.“Vor zwölf Jahren eröffnete er in Harburg einen Kiosk, 2018 übernahm er die „Tabak-Börse“in der

Dorotheens­traße 138. Er hat mittlerwei­le 80 Prozent Stammkunde­n, bei manchen reicht schon ein Handzeiche­n, um ohne Worte die gewünschte Ware zu bekommen. So auch bei dem Rollstuhlf­ahrer, der vor der Eingangstü­r winkt, woraufhin

Wed ihn mit einem freundlich­en „Moin, Moin“begrüßt und die gewünschte Ware nach draußen bringt. Wenn Sie also mal in der Nähe der Dorotheens­traße sind, schauen Sie doch mal bei ihm vorbei, er freut sich auf Sie.

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Heute: Wed Gai
MOPO sucht den Heute: Wed Gai

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