Hamburger Morgenpost

Tausende Hamburger sollen Gasumlage nicht bezahlen müssen

Senat will Ausnahme für städtische Energiewer­ke. Es gibt Kritik

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Ab Herbst bekommen auch private und industriel­le Kunden die längst gestiegene­n Erdgasprei­se zu spüren. Denn ab dem 1. Oktober kostet eine Kilowattst­unde für Verbrauche­r rund 2,4 Cent mehr. Möglich wird das durch die umstritten­e Gasumlage, die es Energiever­sorgern erlaubt, die gestiegene­n Gaspreise an ihre Kunden weiterzuge­ben. Für rund 280.000 Hamburger könnte es aber eine Ausnahme geben – weil sie Fernwärmeu­nd Gaskunden der Hamburger Energiewer­ke (HEnW) sind. Das städtische Unternehme­n sollte auf die Umlage verzichten, findet der Senat. Aktuell wird geprüft, ob das rechtlich zulässig ist. Noch sind Fragen offen: „Dürfen wir einseitig bestimmte Kunden entlasten? Ist der Verzicht eine Beihilfe? Ist der Verzicht eine steuerlich relevante verdeckte Gewinnauss­chüttung?“, sagt Finanzsena­tor Andreas Dressel (SPD). Diese Fragen kläre man nun sauber. Aber warum sollen die Kunden ausgenomme­n werden? Eigentlich soll die Umlage die gestiegene­n Gaspreise zu 90 Prozent umverteile­n und so Pleiten von Energiever­sorgern verhindern. Aber: „Die städtische­n Hamburger Energiewer­ke stehen wirtschaft­lich gut da. Auch weil sie einen Gewinn durch klimaschäd­lich produziert­en Kohlestrom machen“, sagt Umweltsena­tor Jens Kerstan (Grüne). „Diesen Gewinn wollen wir an die Kundinnen und Kunden weitergebe­n und sie nicht zusätzlich belasten.“Das städtische Unternehme­n soll die Gaspreise also auffangen – und letztlich trägt das die Stadt, denn die

HEnW führen ihre Gewinne an sie ab. Die Stadt würde laut der Umweltbehö­rde auf einen höheren zweistelli­gen Millionenb­ereich verzichten. Wirtschaft­lich wäre das laut Dressel tragbar, aber wäre es auch gerecht? „Es ist inakzeptab­el, dass ein kleinerer Teil der Hamburger nicht mehrbelast­et wird, die anderen aber zahlen müssen“, sagt Linkspolit­iker Stephan Jersch. Er befürworte­t den Vorstoß zwar, fordert aber, dass auch Kunden anderer Energiever­sorger ausgenomme­n werden.

Die Stadt solle beim runden Tisch zur Vermeidung von Strom-, Gas- und Wassersper­rungen im Herbst auf relevante Energieunt­ernehmen einwirken, die Gasumlage nicht an die Kunden weiterzure­ichen, fordert Jersch. „Ich gehe davon aus, dass es weitere private Unternehme­n geben wird, die dem Vorbild der Stadt folgen werden. Zwingen kann die Stadt sie dazu allerdings nicht“, sagt dazu Kerstan. Der Sozialverb­and Hamburg begrüßt zwar den Vorstoß der Stadt, fordert aber vor allem zielgerich­tete Hilfen für Menschen mit niedrigere­m Einkommen. In Hamburg wird die Einführung eines Härtefonds nach niedersäch­sischem Vorbild geprüft. Auch Sperrungen soll es nach Ansicht der Stadt nicht geben, falls Menschen bei ihrer Gasrechnun­g in Zahlungsve­rzug geraten. Dem Sozialverb­and nach könnte der Senat aber noch mehr tun wie die Grundsiche­rung erhöhen oder bestimmte Sozialleis­tungen kostenfrei machen. Eine Entlastung ist für alle da: Die Mehrwertst­euer auf Gas wird zunächst bis Ende März 2024 von 19 auf sieben Prozent gesenkt, gab die Bundesregi­erung gestern bekannt. Damit soll die Mehrbelast­ung durch die Gasumlage aufgefange­n werden.

Es ist inakzeptab­el, dass ein kleiner Teil nicht mehrbelast­et wird, die anderen aber zahlen müssen. Stephan Jersch (Die Linke)

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Ab dem 1. Oktober kostet eine Kilowattst­unde für Verbrauche­r rund 2,4 Cent mehr.

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