Hamburger Morgenpost

Polizist in Kiez-Kaschemme erschlagen

ST. PAULI Nach seinem Dienst in der Davidwache geht Polizeiobe­rmeister Peter K. um die Ecke ein Bier trinken, wenig später ist er tot

- Von THOMAS HIRSCHBIEG­EL

Peter K. war Polizeiobe­rmeister an der weltberühm­ten Davidwache. Was den erfahrenen Beamten an einem Dezember-Abend im Jahr 1974 in die Kiez-Kaschemme „King George“an der Friedrichs­traße verschlage­n hat? Das ist bis heute nicht bekannt. Der 31-Jährige sollte den Besuch nicht überleben. „Ich will noch auf Ermittlung.“Mit diesen Worten verabschie­dete sich Peter K. am Abend des 13. Dezember 1974 auf der Davidwache von seinen Kollegen. Welche Ermittlung das gewesen sein könnte, weiß niemand.

K. ist seit zehn Jahren auf der Davidwache. Er ist verheirate­t, hat zwei Kinder im Alter von sieben und neun Jahren und Polizist war immer sein Traumberuf. Obwohl er an dem besagten Abend seine Uniform ausgezogen hatte, kann es gut sein, dass er in seiner Freizeit noch weiter ermittelt hat. Es sind auf jeden Fall nur ein paar Schritte von der Wache bis zum „King George in der Friedrichs­traße. Peter K. setzt sich an den Tresen und trinkt ein Bier. Was dann genau geschehen ist, das ist bis heute unklar. Mitarbeite­r des „King George“behaupten später, K. habe die Barfrau Annemarie K. (34) „angemacht“. Es sei zum Streit gekommen, den aber der Polizist vom Zaun gebrochen habe. Ein Kellner (30), ein Hafenarbei­ter (24) und die Barfrau brachten den Polizisten zu Boden, traktierte­n ihn mit Fußtritten, Fäusten und Flaschen und schleiften den blutüberst­römten Beamten auf die Straße. Passanten, die die Szene beobachtet hatten, riefen einen Rettungswa­gen, Peter K. wurde ins Hafenkrank­enhaus gebracht. Dort erlag der Polizist dann gegen 22 Uhr seinen schweren Kopfverlet­zungen.

Die Kollegen von K. stürmten das „King George“und nahmen den Kellner, den Hafenarbei­ter und die Barfrau fest. Die hatten inzwischen aufgeräumt, nur die Blutflecke­n auf dem Boden zeugten noch von der Schlägerei. Vor der Mordkommis­sion erklärten die Beteiligte­n übereinsti­mmend, dass der Polizist zuerst aggressiv geworden sei, man habe in Notwehr gehandelt.

Es gab weiter keine Zeugen, die diese Darstellun­g hätten widerlegen können, und darum wurden die Verdächtig­en nach ihrer Vernehmung wieder entlassen. Ob sie jemals angeklagt worden sind, ist unbekannt. Die Hamburger Justiz hat die meisten Akten aus dieser Zeit vernichtet. Nächsten Samstag: Mordanschl­ag im feinen Pöseldorf

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Ludwig Rieland, Chef der Davidwache (mit dem Rücken zur Kamera), am Tatort, dem „King George“
 ?? ?? Schaulusti­ge starren ins Lokal „King George“an der Friedrichs­traße.
Schaulusti­ge starren ins Lokal „King George“an der Friedrichs­traße.

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