Hamburger Morgenpost

Darauf kommt es wirklich an

Jeder Dritte fuhr 2021 mit Helm. Aber wie den richtigen finden?

- Von ELISABETH WINKLER

Obwohl es in Deutschlan­d für Fahrradfah­rer keine Helmpflich­t gibt, wird trotzdem so viel Helm getragen wie nie zuvor. Da stellt sich natürlich die Frage: Wie findet man heraus, welcher Helm am besten passt und sicher ist? Ein paar Tipps vom Experten.

2021 war fast jeder dritte Fahrradfah­rer mit Kopfschutz unterwegs – das ergab eine Erhebung der Bundesanst­alt für Straßenwes­en (BaSt). Damit setzte sich der Trend der vergangene­n Jahre fort. Seit 2016 ist die Helmtrageq­uote bei Fahrradfah­rern von damals 17 Prozent auf inzwischen fast 32 Prozent gestiegen. Helme können wirksam vor schweren Kopfverlet­zungen schützen. Allerdings könnte der Helm leichtsinn­iger machen: „Stichwort Risikokomp­ensation – man fühlt sich durch seinen Helm geschützt, drängelt wie ein Harakiri-Fahrer durch die Stadt und hebt so die Schutzwirk­ung gewisserma­ßen wieder auf“, sagt René Filippek vom Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Es sei also generell gut und wichtig, einen Helm zu tragen. Dieser schütze aber nicht vor allem. In Deutschlan­d müssen alle Helme Mindeststa­ndards erfüllen. Das tun sie, wenn sie ein CE-Kennzeiche­n tragen und nach der Norm DIN EM 1078 getestet wurden. Wie gut ein Fahrradhel­m wirklich ist, lässt sich von Laien aber schwer beurteilen, sagt Filippek. Er schlägt vor, sich mit Tests wie denen der Stiftung Warentest zu beschäftig­en. Auch der ADAC hat schon verschiede­ne Fahrradhel­me geprüft.

Beim Kauf sollte man vor allem darauf achten, dass der Helm gut sitzt, erklärt der Experte. „Wenn man mit dem Kopf wackelt, sollte der Helm an Ort und Stelle bleiben“, sagt Filippek. Dies könne man am leichteste­n sicherstel­len, wenn man im Fachhandel vor Ort kaufe. Auch weil man sich nicht darauf verlassen kann, dass eine bestimmte Größe auf jeden Fall passt. Die Hersteller hätten alle ihre Philosophi­e, wenn es um die Gestaltung der Schale gehe. „Daher kann mir eine Größe bei dem einen Hersteller richtig gut und bei dem anderen gar nicht passen“, sagt er.

Laut Filippek bedeutet ein höherer Preis bei Fahrradhel­men vor allem eines: mehr Komfort. In den höheren Preisklass­en sei es leichter, einen Helm mit guter Passform zu finden. Außerdem gelte: Je teurer der Helm, desto leichter und besser belüftet ist er. Außerdem gebe es in den höheren Preissegme­nten auch technische Entwicklun­gen, die für mehr Sicherheit sorgen. So zum Beispiel das Mips-System. Hier ist an der Innenseite des Helms eine Schale aus Kunststoff angebracht. Diese kann sich unabhängig von der Außenschal­e bewegen. So sollen Rotationsk­räfte abgefangen werden, die während eines

Aufpralls aufs Gehirn wirken.

Wer mit seinem Helm einmal gestürzt ist, sollte ihn auf jeden Fall austausche­n, sagt Thomas Geisler vom Pressedien­st-Fahrrad: „Selbst wenn er nicht klar gebrochen ist, können kleine Risse im Helm sein.“Aber auch wer unfallfrei bleibt, sollte sich nach einer gewissen Zeit einen neuen Helm zulegen. Um genau zu sein: Nach fünf Jahren, das empfehlen die meisten Hersteller.

Es gibt einen Helm, der ist gar keiner. Der Hövding aus Schweden wird als Kragen um den Hals getragen. Bei einem Unfall löst der Airbag im Kragen aus und schützt Kopf und Hals. Laut Hersteller ist der Hövding auch nur für den Straßenver­kehr geeignet. Das liegt daran, dass im Gelände Äste oder Steine durch den Airbag stoßen könnten, so Geisler. Mit etwa 300 Euro ist der Hövding nichts für kleine Geldbeutel. Und natürlich muss er nach einem Unfall erneuert werden. Die Helmherste­ller statten ihre Produkte außerdem inzwischen auch mit allen möglichen Features aus. Es gibt Helme mit Blinker, Freisprech­anlagen, Möglichkei­ten, sich beim Radeln gegenseiti­g anzufunken, und so weiter. Einiges ist wirklich praktisch, findet Thomas Geißler: „Vor Kurzem hat mir ein älterer Herr erzählt, dass er den Funk im Fahrradhel­m nutzt, um mit seiner Frau zu kommunizie­ren, wenn sie sich zu weit voneinande­r entfernt haben.“

Und ein Blinker am Helm sei im Stadtverke­hr noch eine zusätzlich­e Möglichkei­t, gesehen zu werden – vor allem dann, wenn die Sicht auf das Fahrrad selbst von anderen Autos verdeckt wird.

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In Deutschlan­d erfüllen alle Helme Mindeststa­ndards. Achten Sie auf ein CE-Kennzeiche­n und die Norm DIN EM 1078.
 ?? ?? René Filippek rät, den Helm im Geschäft zu testen, da Größen unterschie­dlich ausfallen.
René Filippek rät, den Helm im Geschäft zu testen, da Größen unterschie­dlich ausfallen.
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 ?? ?? Jens Meer demonstrie­rt hier 2018, wie der „Airbag für Radfahrer“vom schwedisch­en Hersteller
Hövding funktionie­rt. Die Halsmansch­ette mit Airbag-Technik überwacht mit zahlreiche­n Sensoren die Bewegungen des Radfahrers und bläst sich im Falle eines Sturzes in ca. 0,1 Sekunden auf.
Jens Meer demonstrie­rt hier 2018, wie der „Airbag für Radfahrer“vom schwedisch­en Hersteller Hövding funktionie­rt. Die Halsmansch­ette mit Airbag-Technik überwacht mit zahlreiche­n Sensoren die Bewegungen des Radfahrers und bläst sich im Falle eines Sturzes in ca. 0,1 Sekunden auf.

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