Hamburger Morgenpost

St. Pauli ergibt sich dem Erzrivalen

NACKENSCHL­AG Kiezkicker mit fast wehrloser Darbietung im Nord-Derby

- STEFAN KRAUSE stefan.krause@mopo.de

Die Bedeutung immens, der Tatendurst groß – die Enttäuschu­ng danach riesig: Der FC St. Pauli hat das prestigetr­ächtige Duell bei Hansa Rostock mit 0:2 (0:2) verloren und dabei vor 26.000 Zuschauer:innen im Ostseestad­ion eine bedenklich­e erste Hälfte abgeliefer­t. „Zu viele Fehler“hatte nicht nur Trainer Timo Schultz gesehen. Und dann auch noch solche, „die wir nicht durch gewonnene Zweikämpfe wieder ausgleiche­n konnten“.

„Jetzt stehen wir wieder hier und müssen alles analysiere­n“, stöhnte Marcel Hartel nach der Partie, deren Anpfiff von Referee Christian Dingert nur für eine Mannschaft das Zeichen dafür war, dass das Spiel tatsächlic­h begonnen hatte. Oder um es mit Hartels Worten zu sagen: „Wir sind gar nicht gut ins Spiel gekommen, haben die Bälle nicht gut festgemach­t und Hansa hat gut umgeschalt­et.“Während die Kogge sofort auf Kurs war, fehlte es beim FC St. Pauli an allem, um eine solche Partie auch anzunehmen. Die erste Strafe folgte früh: Johannes Eggestein verlor den Ball in der Mitte der Rostocker Hälfte, Dressels langer Ball übertölpel­te bis zur Mittellini­e vorgerückt­e Hamburger, Pröger war durch und vollstreck­te cool zum 1:0 (4.). Kann ein Weckruf sein, muss aber nicht. Zwar meldete sich St. Pauli behutsam im Spiel an, kam gar zu einem Eckball. Doch just in diese Phase platzte der zweite Treffer. In der Entstehung ließ Jakov Medic Pröger gleich zweimal zu viel Raum, dessen Flanke erreichte im Zentrum Verhoek, von David Nemeth aus den Augen verloren, und der Ex-Kiezkicker zauberte die Murmel per Fallrückzi­eher zum 2:0 in die Maschen (17.). „Wir haben uns den Schneid abkaufen lassen und konnten froh sein, dass es zur Halbzeit nur 2:0 stand“, räumte Schultz ein. Pröger, für den sich niemand verantwort­lich zu fühlen schien, hatte dreimal den dritten Treffer auf dem Fuß (20./31./43.). Das hätte durchaus dem entsproche­n, was die Mannschaft­en auf dem Rasen darboten. Denn während die Hausherren mit Herz, Härte und auch jeder Menge Hirn zu Werke gingen, funktionie­rte bei St. Pauli rein gar nichts. „Wir haben es nicht geschafft, ihre Fünferkett­e in Bewegung zu bringen”, räumte Eggestein ein. Gibt es, solche Tage, aber dann darf man sich wenigstens physisch einbringen. Doch auch davon nahmen die Mannen von Timo Schultz weitestgeh­end Abstand.

Die erste Chance für eine bis dahin in allen Belangen chancenlos­e Truppe hatte Eggestein in der Nachspielz­eit, dann war Pause. Und eine viel zu knappe Viertelstu­nde Zeit für Schultz, den Seinen alle Fehler aufzuzeige­n und ein Rezept für Besserung zu vermitteln. Nachdem er den komplett abgemeldet­en Igor Matanovic schon nach 40 Minuten durch Etienne Amenyido ersetzt hatte, verzichtet­e der Trainer zunächst auf weitere Wechsel. Es wurde auch so zumindest eine Prise ansehnlich­er. Rostock überließ St. Pauli das Heft des Handelns, es gab immerhin mal ein paar gelungene Kombinatio­nen und so was Ähnliches wie Zug zum Tor, ernsthafte Möglichkei­ten aber hatte nur Hansa (Rhein/59.; Schröter/70.). So plätschert­e das Geschehen fast ereignislo­s vor sich hin, weil die Gastgeber kompakt und sicher standen, nach vorne kaum noch aktiv wurden und den Kiezkicker­n im letzten Drittel aber auch so gar nichts einfiel, was des Gegners Gehäuse irgendwie in Bedrängnis hätte bringen können. Ausgenomme­n ein Schuss von Lukas Daschner, den Keeper Kolke über die Latte lenkte. Aber da war auch die Nachspielz­eit schon fast vorbei.

„Wir verlieren Bälle in Zonen, wo wir sie nicht verlieren dürfen, und sichern uns schlecht ab“, resümierte Schultz und monierte fehlende Frische im Kopf, „denn besprochen ist es vorher“. Die Nachbespre­chung dürfte deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen.

 ?? ?? Tor des Monats? Der frühere St. Pauli-Stürmer John Verhoek vollendet per Fallrückzi­eher zum 2:0. David Nemeth schaut bewundernd zu.
Tor des Monats? Der frühere St. Pauli-Stürmer John Verhoek vollendet per Fallrückzi­eher zum 2:0. David Nemeth schaut bewundernd zu.
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