Hammer auf der Haller-Straße
Ösi-Außenseiter Marco Haller düpiert Superstar Wout van Aert im Sprint
Das Warten hat sich gelohnt. Mit zwei Jahren Verspätung hat die 25. Jubiläumsausgabe der Cyclassics ein würdiges Rad-Spektakel geliefert – und einen Überraschungssieger. Der Österreicher Marco Haller stach im Zielsprint einer Ausreißergruppe den favorisierten Superstar Wout van Aert um einen Wimpernschlag aus – und machte die Mönckebergstraße zur Haller-Straße!
Als bei der Siegerehrung die ersten Takte der österreichischen Hymne erklangen, erstmals in der Cyclassics-Gechichte, da schüttelte Haller ungläubig seinen Lockenkopf, bevor sich ein breites Grinsen auf seinem braungebrannten Gesicht mit dem markanten Schnäuzer ausbreitete.
Eine Hundertstelsekunde war Haller, der für das deutsche Team Bora-hansgrohe fährt, nach 204 Kilometern schneller als der dreifache Etappensieger der diesjährigen Tour-deFrance aus Belgien. Siegerzeit: 4:27:23 Stunden. „Ich freue mich riesig, das ist mein größter Erfolg“, strahlte der 31-Jährige, dessen bis dato einziger World-Tour-Sieg schon zehn Jahre zurück liegt. „Jeder kennt Hamburg als eines der wichtigsten Rennen im Jahr. Am Ende die Nase vor van Aert zu haben, macht mich stolz.“
250 Meter vor dem Ziel war Haller aufs Ganze gegangen, hatte den Spurt der fünfköpfigen Ausreißergruppe, zu der auch Teamkollege und Landsmann Patrick Konrad zählte, angezogen – und war rechts entwischt, als sich der Belgier kurz nach links umblickte. „Er hat mich rechts nicht erwartet“, so
Haller. „Wir haben den Überraschungsmoment nutzen können.“
Der Geschlagene war „enttäuscht über Platz zwei“und ärgerte sich über sich selbst. „Ich habe Haller kurz aus den Augen gelassen, ein bisschen ein Anfängerfehler“, sagte van Aert zur MOPO, lobte den Sieger aber auch: „Er war schlau und stark.“Platz drei ging an den Belgier Quinten Hermans (Team Intermarche). Bester Deutscher war Phil Bauhaus (Team Bahrain Victorious) auf Platz sieben. Viele der Top-Sprinter, die auf einen Massenspurt auf der Mönckebergstraße gesetzt hatten, waren in einen großen Sturz bei der ersten Anfahrt zum Waseberg, 29 Kilometer vor dem Ziel, verwickelt und weit zurückgefallen, darunter der frisch gebackene Europameister Fabio Jakobsen (Niederlande).
Für Überraschungsmann Haller, der nicht einmal genau sagen konnte, wie oft er schon die Cyclassics gefahren ist („bestimmt fünf oder sechs Mal“), blieb nicht viel Zeit, seinen größten Erfolg zu genießen. Mit dem Teambus ging es noch am Abend weiter nach Weimar, wo am Mittwoch die Deutschland-Tour startet. „Auf der Fahrt wird es sicher ein Bier geben.“Das genehmigte sich auch Renn-Organisator Oliver Schiek, der mit dem Jubiläum und Comeback nach Corona insgesamt „sehr zufrieden war“und von rund 400.000 Zuschauern am Wochenende sprach. Die 26. Auflage wird im nächsten Jahr voraussichtlich am 20. August steigen.