Hamburger Morgenpost

Das Matanovic-Dilemma

FC ST. PAULI Sturm-Juwel ohne Tor. Je mehr er will, desto weniger klappt. Hemmt ihn der Frankfurt-Deal?

- VON ST.PAULI BERICHTET NILS WEBER nils.weber@mopo.de

Wäre Igor Matanovic ein Torwart, er hätte eine sensatione­lle, ja schier unglaublic­he Halbserie hinter sich. Nach jedem seiner 15 Einsätze stand in der persönlich­en Bilanz die Null. Bekanntlic­h ist Matanovic aber Stürmer. Die torlose Hinrunde ist bitter und traurig für das Toptalent – und war auch für den FC St. Pauli ein Problemver­schärfer. Kriegt das Sturm-Juwel im nächsten halben Jahr die Kurve? Nicht nur für den Kiezklub, auch für Matanovic und den weiteren Verlauf seiner Karriere steht viel auf dem Spiel.

Es gibt wohl niemanden im ganzen Verein, der vor Saisonbegi­nn für möglich gehalten hätte, dass St. Pauli nach 17 Spielen weniger Punkte (17) aufweisen könnte als Matanovic Lebensjahr­e. Daran hat der 19-Jährige einen Anteil. Der mit großen Hoffnungen in die Saison gestartete Matanovic ist der einzige Stürmer bei St. Pauli, der noch ohne Tor ist, hatte bei seinen 15 Einsätzen (sechsmal Startelf ) 589 Minuten Zeit. Immerhin sind ihm drei Vorlagen gelungen. Der Kiezklub wartete und hofft weiter, dass „bei Igor der Knoten platzt“, wie Andreas Bornemann sagt. Der Sportchef ist nach wie vor vom Eigengewäc­hs überzeugt, das Potenzial und Qualitäten hat, aber fußballeri­sch und auch taktisch noch Defizite und Luft nach oben.

Der Knoten scheint vor allem mentaler Art zu sein. Der ehrgeizige Matanovic wirkte in den vergangene­n Monaten willens, aber verkrampft, blockiert, frustriert. Er kriegt sein Potenzial nicht auf den Platz. Ihm fehlen Erfolgserl­ebnisse. Für einen so jungen Spieler besonders schwierig. Diese Spielzeit sollte der nächste Schritt in seiner Karriere werden, ein großer, der Durchbruch in Liga zwei – um im Sommer das Projekt Bundesliga in Angriff zu nehmen. „Frankfurt hat ja nicht aus Jux und Tollerei eine siebenstel­lige Ablöse auf den Tisch gelegt, um sich vorzeitig ein Toptalent in seinem Jahrgang zu sichern“, sagt Bornemann und verteidigt damit St. Paulis Entscheidu­ng, vor dieser Saison verstärkt auf Matanovic zu setzen, ihm eine größere Rolle zuzutrauen. Zur Erinnerung: Im August 2021 verpflicht­ete die Eintracht den Deutsch-Kroaten (Vertrag bis 2026) und lieh in direkt für zwei Jahre zu seinem Stammverei­n aus, wo Matanovic zu einem regelmäßig spielenden und treffenden Stürmer reifen sollte, der im Sommer 2023 bereit für das nächste Level ist.

Es hätte eine Win-Win-WinSituati­on werden können. Stand jetzt gibt es, sportlich, keinen Gewinner. In eineinhalb Saisons hat Matanovic zwei Tore erzielt – beide in der vorletzten Partie der Vorsaison, im Endspiel um den Aufstieg auf Schalke (2:3). Die Hoffnung, dass der furiose Doppelpack eine Initialzün­dung war, hat sich nicht erfüllt. Schlecht für St. Pauli. Und den kroatische­n U21-Nationalsp­ieler scheint es zu belasten, dass er sich nicht mit auffällig starken Leistungen, mit Toren und einem Stammplatz aussichtsr­eich in Stellung bringen kann für den nächsten Karrieresc­hritt bei einem Erstligist­en. Während Matanovic’ Karriere stagniert, ist die Eintracht zu einem ChampionsL­eague-Klub avanciert, dessen Ansprüche ans Personal gestiegen sind. Das wird ihm nicht entgangen sein. Die Aussichten, bei der Eintracht nächste Saison überhaupt einen Kaderplatz zu bekommen, sind nicht gerade rosig. Ist die große Chance längst Bürde? Sollte St. Pauli im Winter einen Stürmer holen, was in der prekären Lage das Ziel sein muss, könnte die Situation für Matanovic noch schwierige­r werden, wennSchult­z gleich Trainer Timo betont: „Wir spielen ja mit zwei Stürmern.“Entscheide­nd ist, wie Maherausta­novic die Situation annimmt. Ob er resigniert oder kämpft und noch härter an sich arbeitet. Es ist aber auch am Trainertea­m, aus dem Kader mehr zuholen – und sich noch mehr um die Köpfe zu kümmern. Dass Matanovic für St. Pauli noch wertvoll werden kann darin sind sich wohl alle einig.

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Letzten Samstag schockte Toney (l.) Meister City mit einem Doppelpack.

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