Hamburger Morgenpost

Bezirk räumt Tauschbox für Arme ab

ST. PAULI Zwei Jahre gab es das Spendenreg­al, nun wurde es entfernt

- NICOLA DAUMANN nicola.daumann@mopo.de

Anwohner auf St. Pauli sind empört! Die Stadtreini­gung hat eine Spendenbox für Bedürftige und Nachbarn entfernt. Die verteidigt sich – und die Anwohner wollen ihre Box zurück.

„Wir sind sauer und enttäuscht“, sagt Christian Oppermann (39) zur MOPO. Er ist einer der Anwohner, die die Tauschbox für Gebrauchte­s am Paulinenpl­atz im Januar 2021 einrichtet­en. Fast zwei Jahre hatte sie Bestand, bis die Stadtreini­gung sie am Dienstag abräumte und die Konstrukti­on mit Äxten zerschlug. „Unsere Mitarbeite­nden fanden die Box und damit auch den umliegende­n Bereich inklusive anliegende­m Spielplatz fast täglich in einem sehr vermüllten Zustand vor“, so ein Sprecher der Stadtreini­gung. „Die Tauschbox wurde offenbar regelmäßig als bequeme Entsorgung­smöglichke­it missbrauch­t.“

Für Spendenbox­en dieser Art gibt es grundsätzl­ich keine Genehmigun­g. Weil die Box am Paulinenpl­atz gerade anfangs gut gepflegt wurde, duldeten Bezirk und Stadtreini­gung sie. „Wir befürworte­n die Idee und heißen den Gedanken dahinter ausdrückli­ch gut“, sagt der Sprecher der Stadtreini­gung zur MOPO. Die ständige Vermüllung habe aber die Situation am benachbart­en Spielplatz verschlech­tert, wo häufig Glasscherb­en und Spritzen gelegen hätten. Auf der Box sei keine Kontaktadr­esse zu finden gewesen. Der Bezirk habe die Räumung schließlic­h beauftragt. Für Anwohner Oppermann ist das Vorgehen absolut unverständ­lich. „Wir sind schockiert. Wir stehen dort zwar nicht mit unseren Namen, aber wir waren regelmäßig vor Ort“, sagt er. Kontakt hätte man zum Beispiel über einen Aushang herstellen können. Dass der Bereich in den vergangene­n Wochen vermüllter gewesen sei, räumt er ein. „Wir konnten nicht so viel vor Ort sein,

weil Leute ausgefalle­n sind“, sagt er. „Wir hatten aber gerade sechs Freiwillig­e dazugewonn­en und wären dem Problem nachgekomm­en.“Dass der Spielplatz unter der Box gelitten habe, sieht er nicht. „Der Paulinenpl­atz ist schon immer Anlaufpunk­t für Menschen in prekären Situatione­n.“Die Tauschbox hätte den Platz sogar aufgewerte­t und sei zu einem Ort des Austausche­s für die Nachbarsch­aft geworden.

„Dass die Freebox einfach so abgerissen wurde, macht uns wahnsinnig traurig“, sagt Christian Oppermann, der als Sozialarbe­iter arbeitet. „Gerade wenn man bedenkt, dass damit im Winter eine Versorgung mit warmer Kleidung für Obdachlose wegfällt.“

Jetzt will die Nachbarsch­aftsinitia­tive aus 15 Anwohnern die Freebox zurück. „Der Paulinenpl­atz ist hierfür der richtige Ort“, sagt Oppermann. Bezüglich der Rahmenbedi­ngungen sei man gesprächsb­ereit. Zunächst sammeln die Anwohner nun Unterschri­ften, am Samstag um 12 Uhr gibt es vor Ort einen nachbarsch­aftlichen Protest.

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In den vergangene­n Wochen war es etwas unordentli­cher, Grund genug für die Stadtreini­gung, die Axt anzulegen.
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Weil die Box am Paulinenpl­atz gerade anfangs gut gepflegt wurde, duldeten Bezirk und Stadtreini­gung sie.
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