Hamburger Morgenpost

Traditions Italiener schließt: „Uns blutet das Herz!“

WINTERHUDE Vor 50 Jahren begann die Geschichte des „Paolino Sardegna“, nun geht sie zu Ende

- Von ELIAS LÜBBE

Schon wieder muss ein Traditions-Restaurant in Hamburg schließen: Dieses Mal ein Kult-Italiener, der seit mehr als 50 Jahren eine Institutio­n in der Gastro-Branche

der Hansestadt ist. Der MOPO erklärt die Inhaberin, warum die Entscheidu­ng alternativ­los war, welche Adresse sie jetzt unbedingt empfiehlt und welches ungewöhnli­che Privileg Gästen beim letzten Besuch zuteilwird.

Vor mehr als 50 Jahren begann die Geschichte des Traditions-Italieners: Paolino Cherchi kam aus Sardinien nach Hamburg, um hier als Schlosser bei „Blohm + Voss“zu arbeiten. Er kellnerte beim Landsmann Franco Cuneo – und machte sich dann mit einem eigenen Restaurant selbststän­dig: Das „Paolino Sardegna“war geboren. Es folgten prächtige Zeiten: Prominente und Politiker verbrachte­n gemütliche

Stunden direkt am Alsterufer, Hausnummer 2. Das Restaurant wurde zu einer Top-Adresse für gehobene italienisc­he Küche. 2009 kam dann der Umzug an die Hudtwalcke­rstraße (Winterhude) – die Miete am Prachtboul­evard war einfach nicht mehr zu bezahlen. Trotz des Umzugs blieben die Stammgäste – bis heute. 2017 hat dann Tochter Maria Elena Cherchi das Restaurant übernommen. „Für viele ist das hier zu einem zweiten Wohn- und Esszimmer geworden“, sagt sie im Gespräch mit der MOPO. Doch nun schließt am Sonntag der Lieblingsi­taliener vieler Hamburger. „Corona, die Kriegssitu­ation und der Personalma­ngel haben uns zugesetzt“, sagt Cherchi.

Doch der Hauptgrund für das Aus des Traditions­restaurant­s ist Cherchis 15 Monate alte Tochter: „Im laufenden Restaurant­betrieb kann ich einfach viel zu wenig Zeit mit ihr verbringen.“Trotzdem fällt die Entscheidu­ng nicht leicht: „Natürlich blutet uns das Herz. Wir sind hier ja groß geworden.“Mit „wir“meint Cherchi ihren Bruder und ihren Cousin – das „Paolino Sardegna“ist ein Familienun­ternehmen. Auch Cherchis Partner arbeitete dort. Besonders beliebt seien die hausgemach­ten Antipasti, die Ricotta-Spinat-Ravioli und das Tiramisu gewesen. Manche Stammgäste würden nun bei ihrem letzten Besuch Teile des Interieurs als Andenken mitnehmen – mal einen Stuhl, mal einen Kerzenstän­der.

Die Zeit des „Paolino Sardegna“endet ohne große Abschiedsf­eier. Der Betrieb geht über das Wochenende ganz normal weiter: „Wir sind schon komplett ausgebucht“, sagt Cherchi. Als Alternativ­e für danach nennt die Inhaberin natürlich das „Cuneo“an der Davidstraß­e – dort, wo ihr Vater mit dem Kellnern anfing.

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2017 hat Maria Elena Cherchi das Restaurant übernommen. Jetzt zieht sie einen Schlussstr­ich.

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