Hamburger Morgenpost

St. Pauli braucht mehr Konkurrenz-Kampf

Kiezkicker zu brav. Wettbewerb verschärfe­n. „Gier und Galligkeit“

- VON ST. PAULI BERICHTET NILS WEBER nils.weber@mopo.de

Auf der Suche nach Lösungsweg­en aus der Krise und der richtigen Weichenste­llung zur Rückrunde forschen die Verantwort­lichen des FC St. Pauli in allen Bereichen nach Potenziale­n. Ein entscheide­ndes Feld ist der Trainingsp­latz, wo in der Woche die Grundlagen fürs Wochenende gelegt werden.

Es gibt da diesen Spruch. So, wie eine Mannschaft trainiert, so spielt sie auch. Am Beispiel der Kiezkicker: Das Team von Trainer Timo Schultz spielte oft gut, zumeist engagiert, disziplini­ert, fleißig, mutig, leidenscha­ftlich, aber immer auch ein bisschen zu brav. Das mag nach Stammtisch­parole klingen, ist aber durchaus ein Punkt, der intern schon zur Sprache gekommen ist. Einer von vielen. Ein wichtiger, denn er betrifft die Mentalität. Wenn es um die letzte Portion Schärfe, Biss, Galligkeit, um Bedingungs­losigkeit, auch Gnadenlosi­gkeit, geht – gängiges Trainer-Vokabular – dann ist bei den Kiezkicker­n Luft nach oben.

Das fängt auf dem Trainingsp­latz an, wo der tägliche Konkurrenz­kampf ein paar Prozent mehr dieser Zutaten vertragen könnte – Betonung auf Kampf. Es geht dabei nicht darum, Mitspieler umzutreten oder aufzuhetze­n, sondern unter der Woche mehr Wettkampfk­lima zu schaffen. Nicht nur das Spiel, sondern auch Widerstand­sfähigkeit zu trainieren. So erfreulich der aktuell starke Zusammenha­lt ist – ein Reizklima könnte helfen. Schultz sagte unlängst, auch im Training künftig „eine andere Konsequenz“an den Tag legen zu wollen. Die Konkurrenz­situation im Team ist auch ein wichtiges Thema. Im Sturm etwa ist sie zwar recht ausgeglich­en, aber auf einem niedrigere­n Niveau, als es sich der Verein wünscht. Die angestrebt­e und nötige Verpflicht­ung eines weiteren Stürmers mit Stammplatz-Qualität sollte einen härteren Wettbewerb um den zweiten Platz im Sturm entfachen – und um den des ersten Jokers. Im Mittelfeld könnte ein hochwertig­er Winterzuga­ng nicht nur die Dauerspiel­er Jackson Irvine und Marcel Hartel, zwei der besten Kiezkicker der Hinrunde, entlasten, sondern in Phasen, in denen sie etwas nachlassen (oder sich verletzen), Druck machen oder eben übernehmen.

Das ist womöglich auch auf der linken Seite ein Problem, wo Leart Paqarada absolut gesetzt ist. Obwohl er in der ersten Saisonhälf­te phasenweis­e arg schwächelt­e und vor allem defensiv nicht stabil war, musste er aufgrund seiner Offensivqu­alität nie um seinen Platz bangen. Das kann auch zu einem Spannungsv­erlust führen, den sich St. Pauli nicht leisten kann.

Die Spieler aus der zweiten Reihe sind ebenfalls in der Pflicht. Schultz, dessen Job nicht sicher ist, wünscht sich noch mehr „diese Gier und Galligkeit, eine größere Rolle zu spielen“.

 ?? ?? Marcel Beifus (l.) gegen Etienne Amenyido (M.). Im Training könnte es im Kampf um die Startelf noch mehr zu Sache gehen.
Marcel Beifus (l.) gegen Etienne Amenyido (M.). Im Training könnte es im Kampf um die Startelf noch mehr zu Sache gehen.
 ?? ?? Bei St. Pauli immer gesetzt: Kann sich Leart Paqarada zu sicher fühlen?
Bei St. Pauli immer gesetzt: Kann sich Leart Paqarada zu sicher fühlen?
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