Hamburger Morgenpost

Sport nach Corona: Wann darf ich wieder starten?

COVID-19 Zwei Sportmediz­iner geben Tipps, wie die Rückkehr ins Training gelingt – und der Körper nicht überforder­t wird

- Von RICARDA DIECKMANN

Zwei Striche auf dem Schnelltes­t – zack, sind die zwei Joggingrun­den in der Woche erst mal dahin. Doch wie kehrt man zurück ins Training, wenn die Symptome der Coronainfe­ktion erst einmal abgeklunge­n sind und der Test wieder negativ ausfällt?

Wer keine oder leichte Symptome hat, sollte drei symptomfre­ie Tage verstreich­en lassen. Professor Martin Halle

Fakt ist: Mutet man seinem Körper zu schnell wieder viel zu, drohen Herzrhythm­usstörunge­n oder eine Herzmuskel­entzündung. Es zählt also Behutsamke­it. Zwei Sportmediz­iner verraten, wie das aussehen kann.

Warum genau ist es so wichtig, nicht zu früh wieder Sport zu machen?

Dafür braucht es erst mal einen Blick in die Theorie: „Eine Coronainfe­ktion verläuft mit zwei Gipfeln“, sagt Professor Martin Halle. Er ist Ärztlicher Direktor der Abteilung Präventive Sportmediz­in und Sportkardi­ologie der Technische­n Universitä­t München.

Das Virus gelangt in den Körper und ruft eine Abwehrreak­tion des Immunsyste­ms hervor – der erste Gipfel. Rund sieben Tage später folgt eine zweite Phase. Fachleute sprechen dann von einer „überschieß­enden Immunreakt­ion“. Die Entzündung­swerte, die man im Blut messen kann, steigen dann noch mal. Dahinter stecken Entzündung­sprozesse, die sich an der Trennschic­ht zwischen dem Blut und den Gefäßen abspielen – auch in der Lunge, im Herzen, in anderen Muskeln.

Das Problem: „Zu diesem Zeitpunkt kann der Test auch schon wieder negativ sein“, sagt Martin Halle. „Wenn man in diese hohen Entzündung­swerte hineintrai­niert, ist das allerdings ungünstig.“

Er hat allerdings eine gute Nachricht für alle mit ausreichen­dem Impfschutz: „Bei Geimpften ist die zweite Phase viel schwächer als bei Ungeimpfte­n.“Und noch ein Grund, warum man nicht zu früh wieder auf die Laufstreck­e oder in den CrossfitKu­rs gehen sollte: „Es können noch Infektions­herde vorhanden sein, sodass es durch zu hohe Belastung zu einem Wiederauft­reten der Erkrankung kommen kann“, sagt Professor Bernd Wolfarth, Chefarzt der Abteilung Sportmediz­in der Berliner Charité. Das gilt übrigens nicht nur für eine Infektion mit Covid-19, sondern auch bei anderen Infekten wie etwa der Influenza.

Wann darf ich wieder anfangen?

Martin Halle nennt folgende Faustregel­n: Wer keine oder leichte Symptome hatte, sollte drei symptomfre­ie Tage verstreich­en lassen, ehe er sich die erste leichte Trainingse­inheit

vornimmt. Bei etwas stärkeren Symptomen wie Husten oder Fieber rät er, sieben symptomfre­ie Tage abzuwarten.

Und wenn die Infektion einen so richtig umgehauen hat – und auch Lunge oder Herz befallen waren? Dann lässt man am besten ärztlich abklären, wie und wann es mit dem Sport nun weitergeht.

Wie genau packe ich den Wiedereins­tieg an?

„Safety first“, lautet der Rat von Bernd Wolfarth. „Je unerfahren­er Sporttreib­ende sind, desto vorsichtig­er sollten sie sein.“Das geht nur, wenn man die Signale seines Körpers über seinen Trainingsp­lan stellt. „Man muss erst einmal wieder ein Gefühl dafür bekommen: Wie leistungsf­ähig ist der Körper nun?“, sagt Bernd Wolfarth. Dass man nicht dort weitermach­en kann, wo man vor dem positiven Test aufgehört hat, ist normal. „Man verliert durch eine Infektion sehr viel mehr Leistungsf­ähigkeit, als wenn man in dieser Zeit im Urlaub am Strand gelegen hätte“, sagt Martin Halle. Der Sportmediz­iner hat eine Faustregel parat: Mit 50 Prozent des Pensums einsteigen, mit dem man vor der Infektion aufgehört hat. „Wenn ich vorher zehn Kilometer gelaufen bin, steige ich mit fünf Kilometern ein.“

Welche Sportarten eignen sich besonders gut?

„Am besten Sportarten, die sich in ihrer Intensität und in

Je unerfahren­er Sporttreib­ende sind, desto vorsichtig­er sollten sie sein. Professor Bernd Wolfarth

ihrer Zeitdauer gut steuern lassen“, rät Bernd Wolfarth. Heißt: Die Spinning-Klasse, die auf 60 Minuten ausgelegt ist, eignet sich weniger gut. Besser ist eine Einheit auf dem Ergometer, wo man etwa mit 20 Minuten lockerem Radfahren einsteigen kann. Übrigens: Sportarten, die das Herz-Kreislauf-System nicht so stark belasten, sind für den Wiedereins­tieg besser geeignet. Das kann die Yogaoder Pilates-Klasse sein – oder auch Krafttrain­ing im Fitnessstu­dio.

Woran merke ich, dass ich mir zu viel zumute?

Im Vorteil ist hier, wer mit der Smartwatch oder dem Fitnesstra­cker seinen Puls verfolgt – und die Messwerte mit denen vor der Infektion vergleiche­n kann. „Wenn man eine höhere Herzfreque­nz für die gleiche Intensität braucht, ist das ein Anzeichen“, sagt Halle. Weitere Alarmzeich­en sind Druck auf dem Brustkorb, Schwindel oder ein unruhiger Puls, „ein Extra-Schlag, den man richtig spürt“, wie Halle es beschreibt. Sie können auf eine Herzmuskel­entzündung hindeuten – Anlass genug, sich vom Arzt oder der Ärztin durchcheck­en zu lassen. „Auch Kurzatmigk­eit, die schon bei sehr kleinen Belastunge­n auftritt, klärt man besser ab“, rät Wolfarth. Das gilt übrigens auch, wenn die Kurzatmigk­eit erst nach dem Sport auftritt – oder ein ausgeprägt­er Reizhusten.

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Nach einer Corona- Erkrankung gilt: Nicht zu früh starten!
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Foto: picture alliance/dpa
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Wer nach einer Corona-Infektion wieder Sport machen will, muss einige Punkte beachten: Wie schwer waren meine Symptome? Wie gut war ich vorher im Training? Im Zweifel lieber mit dem Hausarzt besprechen, wie eine risikofrei­e Rückkehr ins Training gelingen kann.

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