Hamburger Morgenpost

Ausgangssp­erre in Bayern war unverhältn­ismäßig

Bundesverw­altungsger­icht urteilt erstmals zu Corona-Regeln

-

Zu Anfang der Corona-Pandemie war es in Bayern verboten, die eigene Wohnung zu verlassen – oder auf der Parkbank ein Buch zu lesen: Das Bundesverw­altungsger­icht hat nun entschiede­n, dass die im Freistaat verhängte Ausgangssp­erre nicht verhältnis­mäßig war.

Als mildere Corona-Maßnahme wären auch Kontaktbes­chränkunge­n in Betracht gekommen. Sie hätten „die Adressaten weniger belastet“, befanden die Richter am Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig gestern.

Das Bundesverw­altungsger­icht wies damit die Revision des Freistaats Bayern gegen ein Urteil des Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­ofs zurück, der die Ausgangssp­erre vom März 2020 in der Vorinstanz für unwirksam erklärt hatte. Das damals verhängte Verbot, die eigene Wohnung zum Verweilen im Freien zu verlassen, „war ein schwerer Eingriff in die Grundrecht­e“, so die Vorsitzend­e Richterin. Für Ärger gesorgt hatte zu Beginn der Pandemie beispielsw­eise die – später einkassier­te – Klarstellu­ng

der Polizei, auch das Lesen eines Buches auf einer Parkbank sei nicht erlaubt. Anders sah es im zweiten Fall aus, der vom Bundesverw­altungsger­icht verhandelt wurde. Dabei ging es um die Verordnung von Kontaktbes­chränkunge­n sowie die

Schließung von Sportstätt­en und Gastronomi­ebetrieben in Sachsen. Die dortigen Regeln seien verhältnis­mäßige und notwendige Schutzmaßn­ahmen gewesen.

Der Freistaat Sachsen habe sich bei seiner Einschätzu­ng der Gefährdung­slage auf die Risikobewe­rtung des RobertKoch-Instituts verlassen dürfen. Es war das erste Mal, dass sich das oberste deutsche Verwaltung­sgericht mit den Corona-Regeln auseinande­rgesetzt hat. Die Urteile dürften richtungsw­eisend für weitere anhängige Fälle sein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany