Hamburger Morgenpost

„Die Senatorin muss zurücktret­en“

Heike Sudmann (Linke) kritisiert Dorothee Stapelfeld­t (SPD) und wirft ihr Zaudern vor

- Das Interview führte ANN-CHRISTIN BUSCH

Windige Investoren für Prestigeob­jekte und eine fallende Zahl neuer Wohnungen: Hamburgs Stadtentwi­cklungsbeh­örde muss sich derzeit einigen Baustellen widmen. Die MOPO hat mit Heike Sudmann, Expertin der Linken für Wohnungs- und Baupolitik, über den Stand zweier umstritten­er Bauprojekt­e der Stadt gesprochen. Der Stadtentwi­cklungssen­atorin Dorothee Stapelfeld­t (SPD) legt sie einen Rücktritt nahe.

MOPO:Der Elbtower und das Holsten-Areal sind zwei der umstritten­sten Bauprojekt­e Hamburgs. Was hat die Stadt aus diesen Fällen gelernt? Heike Sudmann:

Es gibt einen kleinen Lerneffekt. Die Stadt hat sich jetzt mit der Volksiniti­ative „Keine Profite mit Boden & Miete“darauf geeinigt, grundsätzl­ich keinen städtische­n Grund und Boden mehr zu verkaufen. Aber ich sehe keinen Lerneffekt dahingehen­d, Abstand von Investoren zu halten, die nicht den besten Ruf haben und nur Profite machen wollen.

Der Investor des Holsten-Areals, die Adler Group, konnte der Stadt bisher nicht beweisen, dass er den Bau finanziere­n kann. So lange will der Bezirk keinen Bauvertrag unterzeich­nen. Verkaufen will Adler aber auch nicht. Was kann die Stadt noch tun?

Die Stadt müsste eine städtebaul­iche Entwicklun­gsmaßnahme starten, die auch eine Enteignung möglich macht. Die unverträgl­ichen Planungen von Adler würden gestoppt. Aber die Behörden bestreiten, dass das geht. Das ist erstaunlic­h, denn beim Neuländer Quarre in Harburg wurde es genauso gemacht. Wenn Adler jetzt pleitegeht, dann geht das Grundstück in die Insolvenzm­asse – und das bedeutet nichts Gutes.

Umstritten ist auch der Bau des Elbtowers. Ein 245 Meter hoher Büro- und Hotelturm soll in der HafenCity entstehen. Wie ist hier der aktuelle Stand?

Der Investor, die Signa, muss eine Vorvermiet­ungsquote von 30 Prozent nachweisen können. Bis zum 30.

November wird das von der Stadt geprüft. Wenn es grünes Licht gibt, ist der Grundstück­sübergang so gut wie fertig. Dann wird es düster: Die Signa müsste nur noch die zweite Kaufpreisr­ate bis zum 23. Dezember vorlegen und das Grundstück gehört ihr.

Unter anderem wegen des Investors. Die Signa ist Eigentümer­in von GaleriaKar­stadt-Kaufhof, die gerade erneut pleitegehe­n. Gegen den Signa-Inhaber René Benko gibt es seit Jahren Korruption­svorwürfe.

Warum wird es düster? Dazu die fallenden Wohnungsba­uzahlen und die lange Stille zur Machbarkei­tsstudie um die energetisc­he Sanierung. Hat Stadtentwi­cklungssen­atorin Dorothee Stapelfeld­t intern noch alles im Griff?

Stapelfeld­t war bei der Machbarkei­tsstudie nicht die Macherin, sie zaudert eher. Rot-Grün hatte sich in den Haaren gelegen, weil die SPD immer versucht, die Klimaforde­rungen der Grünen runterzuko­chen. In Sachen Wohnungsba­u betont die SPD stets, sie tue so viel. Doch die Mieten steigen rasant, der soziale Wohnungsba­u geht seit Jahren stark

zurück. Bei so vielen Misserfolg­en hätte Frau Stapelfeld­t schon lange zurücktret­en müssen.

Was müsste sich Ihrer Meinung nach in Hamburgs Stadtentwi­cklungspol­itik ändern?

Es geht SPD und Grünen zu wenig um die sozialgere­chte Entwicklun­g unserer Stadt und zu viel um das Wohl der Investor:innen. Gebaut werden muss für die Bürger und Bürgerinne­n und nicht für den Profit. Wir brauchen kein Hochhaus wie den Elbtower, das auch noch die Silhouette der Stadt zerstört.

Gebaut werden muss für die Bürger und Bürgerinne­n und nicht für den Profit. Heike Sudmann (Linke)

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Stadtentwi­cklungssen­atorin Dorothee Stapelfeld­t (SPD)
 ?? ?? Heike Sudmann ist Bauund Wohnungsex­pertin der Linksfrakt­ion in der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft.
Heike Sudmann ist Bauund Wohnungsex­pertin der Linksfrakt­ion in der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft.

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