Willkommen in einer neuen Welt
Die Mutter ist Pilotin, der Sohn liebt einen Jungen: Disney-Abenteuer mit modernen Botschaften
In dieser Welt wobbelt und wackelt es. Der Unterhaltungsgigant Disney bringt mit „Strange World“einen neuen Familienfilm ins Kino – und der wirkt im ersten Moment wie ein alter Comic, bietet aber viel, viel mehr. Es geht darin auch um die Frage, warum Eltern gerne wollen, dass ihr Nachwuchs wird wie sie selbst. Aber nicht nur.
Erzählt wird die Geschichte der Familie Clade. Vater Jaeger will als Entdecker in die Historie eingehen und unbedingt wissen, welche Welt hinter den Bergen liegt. Also macht er sich mit seinem Sohn Searcher und einem Expeditionsteam auf, um durch Schnee und Eis zu wandern, vorbei an herabstürzenden Eiszapfen und tiefen Schluchten. Doch man merkt bald, dass Expeditionen dem jungen Searcher eher nicht liegen. Mitten im verschneiten Gebirge findet er eine mysteriöse Pflanze. Als er sie näher erkunden will, hält der Vater das für Zeitverschwendung. Die beiden streiten – und die Expeditionsgruppe bricht auseinander. Während der Vater seinen Weg alleine fortsetzt, bleiben die anderen bei dem leuchtenden Gewächs zurück.
25 Jahre später ist der Vater noch immer verschollen und der Sohn erwachsen. Searcher hat mittlerweile selbst Frau, Sohn, Hund. Er baut auf einer Farm ebenjene grüne Pflanze an, die er vor langer Zeit gefunden hat. Das leuchtende Gewächs liefert Energie. Man kann damit beispielsweise Flugzeuge betreiben. Die Pflanze brachte also eine Revolution.
Searcher wird für seine Entdeckung entsprechend gefeiert. Er ist zufrieden mit seiner Farm und will mit Expeditionen absolut nichts zu tun haben. Auch von seinem verschollenen Vater scheint er wenig zu halten. Der erste Generationenkonflikt ist damit in etwa umrissen. Man ahnt aber bereits den nächsten, denn Searchers Sohn träumt eher nicht von einem Leben als Landwirt, findet aber das Abenteurerimage seines verschollenen Großvaters faszinierend ...
Ähnlich wie bei „Encanto“geht es in „Strange World“um Familiendynamiken. Beschrieben wird das Phänomen, dass sich Eltern mitunter wünschen, ihr Nachwuchs werde in ihre Fußstapfen treten. Und dass Kinder dagegen oft eigene Wege gehen wollen. Wie man mit diesen unterschiedlichen Erwartungen
umgehen kann, zeigt der Film schön. Als die mysteriöse Energiepflanze langsam zu sterben droht, macht sich Searcher auf zu einer letzten großen Expedition, die eher unfreiwillig zum Familienausflug wird.
Auch Disney scheint mit dieser Produktion in der modernen Welt angekommen zu sein: Die Mutter ist nun diejenige, die gerne Flugzeuge steuert, und der Sohn verknallt sich in einen anderen Jungen. Dass das alles selbstverständlich gezeigt und nicht kommentiert wird, ist ein Plus. Zudem punktet der Film mit betörend schönen Bildern.
Manchmal fragt man sich, wie die Expertinnen und Experten animierter Filme auf solche Welten kommen. Es wackelt und wobbelt, flutscht und fliegt. Um das Rätsel der sterbenden Pflanze zu lösen, reist die Expeditionsgruppe nämlich ins Innere dieser ungewöhnlichen Welt. Dort begegnet man Kreaturen, die wie Mischwesen zwischen Pferd und Qualle aussehen. Oder roten, fischähnlichen Wesen. Manche Szenen sind für einen Kinderfilm sehr aufregend. In der Unterwelt taucht auch der verschollene Vater Jaeger bald wieder auf. Was man mitnehmen kann aus dem Film – außer der Auseinandersetzung mit Familienstrukturen: Dass die Dinge selten sind, wie sie scheinen. Und dass man – egal, wie merkwürdig eine Welt auch sein mag – sehr viel dafür tun sollte, sie in ihrer Existenz zu beschützen. Aktueller kann eine Botschaft wohl nicht sein.
90 Minuten, ab 6 Jahren; Cinemaxx (alle; alle auch 3D), UCI Othmarschen + Wandsbek (beide auch 3D)